Vernachlässigte Sites wiederbeleben – Newsletter 10/2018

Wir alle kennen sie, diese Websites mit „Neuigkeiten“ auf der Startseite, die schon vor eineinhalb Jahren passiert sind. Mit Fotos von Mitarbeitern, die längst nicht mehr bei der Firma arbeiten. Mit Veranstaltungshinweisen, die seit letztem Winter nicht mehr gepflegt wurden.

Vielleicht kennen Sie das von Ihrer persönlichen Site. Oder vielleicht haben Sie eine solche Site geerbt – Sie sind z.B. neu in ein Unternehmen gekommen und auf einmal verantwortlich für eine Website, um die sich seit Jahren niemand mehr gekümmert hat.

Im Folgenden ein paar Tipps, wie Sie solch eine Site aus ihrem Dornröschenschlaf erwecken.

Erster Schritt: Ursachenforschung

Zunächst finden Sie heraus, warum die Site so aussieht, wie sie aussieht. Stellen Sie sich diese Fragen:

  • Welche Aufgaben übernimmt Ihre Website? Was würde passieren, wenn Sie die Site heute abschalten?
  • Wie viel Arbeit haben Sie bzw. Ihre Kollegen in den letzten 12 Monaten in die Site gesteckt?
  • Wie viel Mehrarbeit schätzen Sie, hätte es gekostet, um die Site aktuell zu halten?
  • Wer hätte diese Arbeit machen sollen?
  • Warum hat er diese Arbeit nicht erledigt?

Dabei sollten Sie ganz nüchtern vorgehen und Schuldzuweisungen vermeiden. Stoßen Sie Ihre Kollegen nicht vor den Kopf bzw. machen Sie sich keine Vorwürfe, wenn Sie selbst derjenige sind, der für die Pflege verantwortlich war. Es geht jetzt nur darum, die Site wiederzubeleben und dafür zu sorgen, dass das Problem in Zukunft nicht mehr auftritt.

Die entscheidende Frage: Wozu brauchen Sie die Website?

Überlegen Sie sich, wozu die Site überhaupt wichtig ist. Machen Sie sich dabei keine Illusionen. Offenbar war sie nicht so wichtig, dass sich jemand um sie gekümmert hätte.

Ermitteln Sie die Dinge, die tatsächlich nur über die Website möglich sind. Versuchen Sie, möglichst klein anzufangen. Auch wenn Sie gern Bestellungen über die Site annehmen wollen, wenn Sie alle aktuellen Produkte dort präsentieren möchten oder potenzielle Kunden mit vielen Hintergrundinfos versorgen wollen – viele solche Funktionen und Inhalte sind in der Praxis doch aufwendiger umzusetzen, als man meint. Beschränken Sie sich daher auf das unbedingt Nötige.

Foto geflicktes Hausdach
Manch eine Site sieht so aus – überall Flickwerk, nirgends ordentliche Inhalte. Maximal abschreckend für Besucher.

3 Strategien zum Umgang mit vernachlässigten Sites

Haben Sie die Ziele für die Site definiert, erarbeitete Sie sich eine Strategie, die Site zu reanimieren.

Strategie 1: Abschalten

Der radikalste Schritt ist, die Website abzuschaffen. Wenn Sie feststellen, dass die Site eigentlich keine Aufgabe hat oder erfüllen kann, dann löschen Sie sie. Das ist aber praktisch niemals sinnvoll.

Denn inzwischen suchen fast alle Menschen erstmal im Internet, wenn sie ein Unternehmen finden wollen, ein Produkt kaufen wollen oder eine Person kontaktieren wollen.

Daher sollten Sie zumindest dafür sorgen, dass derjenige, der Sie bzw. Ihr Unternehmen sucht, über die Website herausbekommt, wie er Sie kontaktieren kann.

Sie können mit Ihrer Site einfach von vorn anfangen, wenn Sie bisher in den Suchergebnissen sowieso nicht aufgetaucht sind. Überlegen Sie sich, wie ein Interessent Ihre Site finden würde bei Google. In einem Beispiel würde er z.B. suchen nach „Teegeschäft Hamburg“. Finden Sie dann Ihre eigene Site nicht unter den ersten 10, 20 Treffern, dann sind Sie praktisch unsichtbar – denn mehr Treffer sieht sich in der Praxis kaum ein Mensch an.

Suchergebnisliste Google
Die ersten 1o Treffer für „Teegeschäft Hamburg“ – ist Ihr Laden hier nicht mit dabei, werden Sie nur schwer gefunden – dafür müssen Sie auch kaum Rücksicht auf Ihre aktuelle Suchmaschinenposition nehmen, wenn Sie einen Relaunch machen.

Sind sie aber vorne bei den Suchergebnissen dabei, Gratulation. Dann sollten Sie einen geordneten Übergang anstreben wie weiter unten beschrieben bei „SEO – Stolperstein bei der Aktualisierung“.

Eine kleine, einfache Site anlegen

Für sehr viele Unternehmen genügt es völlig, wenn die Website kurz erklärt, was das Unternehmen macht und Kontaktmöglichkeiten vorsieht. Das gilt für die Website eines Bäckers, eines Frisörs und eines Anwalts genauso wie für die Site der meisten Berater, Vereine und vieler kleiner Unternehmen. Solange Sie die Website nicht als Marketinginstrument und zur Kundengewinnung einsetzen, braucht es kaum mehr.

Bei kleinen Sites ist oft ein Grund für die Verwahrlosung der Site, dass die inhaltlich Verantwortlichen technisch nicht in der Lage sind, die Site nicht selbst zu pflegen. In so einem Fall überlegen Sie, ob Sie auf einen Webbaukasten umsteigen. Das heißt, Sie nutzen einen Anbieter, auf dessen Server die Site in Zukunft liegt. Über eine Web-Oberfläche können Sie dann die Inhalte einpflegen. Das ist auch mit minimalen technischen Fähigkeiten möglich. Und selbst das Anlegen der Site kann jemand machen, der lediglich einigermaßen mit Office-Programmen umgehen kann und die Bereitschaft mitbringt, etwas auszuprobieren. Tipps zur Auswahl eines solchen Anbieters: Site Editoren & Homepage-Baukästen, die nicht weh tun – Newsletter 5/2017

Haben Sie etwas mehr Inhalt oder einen höheren Anspruch, dann nutzen Sie ein Content Management System (CMS). Das ist zwar beim Einrichten der Site deutlich mehr Arbeit, dafür ist die Pflege danach aber fast immer viel einfacher. Und Sie sind flexibler und haben bei Gestaltung und Funktionalität fast unbegrenzte Freiräume. Immer noch aktuell sind diese Tipps für die CMS-Suche: Die richtige Plattform für die Site auswählen – Newsletter 5/2014

Für welche technische Basis Sie sich auch entscheiden – denkbar ist, einen so genannten One-Pager umzusetzen. Also eine Website, die aus nur einer einzigen Seite besteht. Zu den Vor- und Nachteilen hier ein paar Details: Ein-Seiten-Sites – Kann eine Website mit nur einer HTMTL-Seite funktionieren?

Strategie 2: Schrumpfen

Sind Sie sicher, dass Ihre Site größeren Umfang braucht und dass Sie es in Zukunft schaffen werden, diese Inhalte aktuell zu halten, dann beginnen Sie am besten mit einem Content Audit. Also einer systematischen Analyse, welche Inhalte Sie aktuell auf der Website haben. Grundlage dafür ist das sogenannte Content Inventory. Wie Sie ein solches durchführen, das lesen Sie hier: Content Inventory – Gepflegte Sites sind erfolgreicher – Newsletter 4/2016

Legen Sie nun die Seiten fest, die Sie wirklich, wirklich brauchen. Das ist die Startseite, eine Kontaktseite mit Infos zu Telefonnummer, Mail und auch zur Anfahrt, wenn jemand zu Ihnen kommen soll. Und eventuell eine Seite, die Ihre Produkte oder Dienstleistungen beschreibt. Hinzu kommen die rechtlich nötigen Seiten wie Impressum und Datenschutzhinweis.

In fast allen Fällen braucht es nicht mehr. Wägen Sie bei jeder zusätzlichen Seite ab, ob diese wirklich einen Beitrag zum Erfolg der Site leistet. Wenn Sie Argumentationshilfe brauchen, um Seiten zu streichen: Chefs und Kollegen sind oft heilsam geschockt, wenn man ihnen die Zugriffsstatistiken/Web Analytics für die Unterseiten vorlegt…

Wenn Sie alle überflüssigen Seiten losgeworden sind, dann machen Sie sich daran, die verbleibenden zu aktualisieren. Beginnen Sie mit den wichtigsten und arbeiten Sie sich nach und nach zu den weniger wichtigen vor.

Strategie 3: Wiederauferstehen

Die dritte und aufwändigste Strategie ist die Wiederauferstehung. Das heißt, Sie machen einen echten Relaunch, Sie fangen sozusagen nochmal ganz von vorn an.

Das kann den nötigen frischen Wind bringen, um die Website im Unternehmen (oder bei Ihnen selbst) wieder ins Bewusstsein zu rücken und das Interesse an ihr zu steigern – damit sie in Zukunft nicht mehr so verwahrlost. Wichtig ist aber, die Ursachen für die mangelnde Pflege ebenfalls zu beseitigen, sonst sind sie in einigen Monaten wieder in genau der gleichen Situation wie heute.

Viele wichtige Tipps & Checklisten zum Vorgehen beim Redesign: Relaunch-Tipps für Ihre Site – Newsletter 11/2017

SEO – Stolperstein bei der Aktualisierung

Immer bedenken sollten Sie, dass Änderungen an der Website Auswirkungen darauf haben, wie Sie von Google & Co gefunden werden. Ist Ihre Position (wie oben beschrieben) sowieso unter ferner liefen, dann brauchen Sie sich hier kaum Sorgen zu machen. Sind Sie aber bei den ersten 10, 20 Treffern dabei, dann gehen Sie hier mit Bedacht vor. Ein paar Hinweise hier: Gelassene Suchmaschinenstrategie gewinnt – Newsletter 2/2015

Besserung geloben – so halten Sie die Site aktuell

Wie Wiederbelebung der vernachlässigten Site ist der erste Schritt. Damit Sie das aber diese Wiederbelebung nicht immer wieder machen müssen, sorgen Sie dafür, dass Ihre Site dauerhaft am Leben bleibt.

Dazu gehören die folgenden wichtigsten Regeln:

1) Aktualisierungsbedarf festlegen

Welche Dinge müssen regelmäßig aktualisiert werden? Schreiben Sie auf, in welchem Zeitabstand sich die Inhalte auf welchen Seiten üblicherweise ändern.

Mein persönlicher Tipp: Streichen Sie den Bereich „News“ und „Aktuelles“. Zumindest wenn Sie nicht mindestens eine Person haben, die sich Vollzeit um Pressemitteilungen und/oder PR kümmert. Denn ich erlebe es immer wieder, dass sich bei kleineren Unternehmen hier nach kurzer Zeit nur noch überholte Inhalte finden.

2) Verantwortliche festlegen

Jede Seite, die gepflegt werden muss, braucht einen Verantwortlichen. Dieser muss sich nicht selbst um die Aktualisierung kümmern. Aber er muss einen Termin in seinen Kalender eintragen, zu dem er kontrolliert, ob die Inhalte noch aktuell sind. Wenn nicht, muss er das Update veranlassen.

3) Wartungsplan/Content-Plan erstellen

Eherne Regel: Kein Datum kommt auf die Site, ohne dass nicht ein Verantwortlicher und ein Aktualisierungstermin dafür festgelegt werden.

Generell: Am besten laufen Websites, die als laufende Aufgabe definiert werden, nicht als Projekt. Denn ein Projekt ist irgendwann abgeschlossen und dann kümmert sich niemand mehr darum. So funktionieren aber Websites nicht, sie brauchen immer wieder Pflege, damit sie weiterhin ihre Aufgaben erfüllen können.

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