Im letzten Newsletter haben wir uns angesehen, wie wir mit Sprache die Lesenden unserer Texte dazu bringen, dranzubleiben (Überraschend gut texten), im vorletzten ging es (auch) darum, wie wir Menschen zum Klicken bringen (Text-Tipps von den Profis).
Eine zentrale Rolle dabei spielt jeweils die Sprache, also die Texte, die wir schreiben. Doch das nicht alles – es gibt noch weitere Elemente, die uns helfen, Besuchende zu überzeugen. Im Alltag sprechen wir dabei meist von Trust-Elementen.
Trust, also Vertrauen, ist ganz entscheidend für jede Website. Vertrauen entscheidet, ob wir einem Webshop unsere Kreditkarten- oder Kontodaten anvertrauen. Vertrauen entscheidet, ob wir uns bei einem Unternehmen bewerben. Vertrauen entscheidet, ob wir einen Termin in einer Arztpraxis oder einem Friseursalon ausmachen. Vertrauen entscheidet, ob Sie mir Ihre E-Mail-Adresse verraten, damit ich Ihnen meinen Newsletter schicke.
Vertrauen muss aufgebaut werden
Stellen Sie sich vor: Ein fremder Mensch kommt auf der Straße auf Sie zu. Wenn sie in einer Großstadt leben, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie zunächst sehr skeptisch sind. Sie prüfen das Aussehen, die Haltung, den Gesichtsausdruck. Besteht die Person diesen ersten Test, hören Sie ihr zu. Fragt sie sofort um Geld, gehen Sie vermutlich sofort weiter. Fragt sie nach 20 Euro, gehen Sie sicher weiter. Erzählt der Mensch Ihnen aber genau, warum er jetzt diese Summe braucht, warum Sie sicher sein können, dass seine Absichten nur die besten sind und Sie ihm vertrauen können, dann lassen Sie sich vielleicht darauf ein.
Stellen Sie sich jetzt vor: Ein Mensch besucht Ihre Website zum ersten Mal. Sie fragen diesen als Erstes direkt nach seiner E-Mail-Adresse. Vom schrittweisen Aufbauen von Vertrauen keine Spur. Außerdem fragen Sie vielleicht noch davor, ob Sie auf dem Computer der Besuchenden Daten speichern dürfen (nämlich im Cookie-Consent-Banner). Und dann sagen Sie ihnen, dass sie sich doch diese einmalige Chance nicht entgehen lassen sollten und direkt zum Sale springen sollten.
In unzähligen Usability-Tests höre ich immer wieder Menschen über diese Taktiken schimpfen. Und fast genau so oft höre ich Website-Teams sagen: Aber es funktioniert! Die Zahlen zeigen, dass Menschen den Newsletter abonnieren, dass sie den Cookies zustimmen, dass sie die Sonderangebote kaufen. Aber die allerwenigsten Teams haben getestet, ob sie nicht viel mehr Erfolg hätten, wenn Sie eine etwas menschenfreundlichere Art und Weise der Kommunikation nutzen. Und auch nicht, wie viele Menschen sie mit ihrer vermeintlich so erfolgreichen Taktik abschrecken.
Aber es gibt noch viel mehr Möglichkeiten, Besuchende zu verärgern:
Wege, Vertrauen zu ruinieren
Sicherheitswarnungen (Nutzung von http statt https, defekte oder falsch konfigurierte Zertifikate): Warnungen des Browsers signalisieren ein potentielles Sicherheitsrisiko, was Nutzende verunsichert.
Technische Fehler/Bugs, defekte Links, schlechte Performance: Diese Probleme lassen mangelnde Sorgfalt und Professionalität erkennen.
Schlechte Usability: Schwierigkeiten bei der Nutzung der Website führen zu Frustration und dem Eindruck, dass die Bedürfnisse der Nutzenden nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Fehlende Barrierefreiheit: Probleme mit der Leserlichkeit oder mit der Bedienung der Site zeigen eine mangelnde Berücksichtigung aller potentieller Zielgruppen.
Priorisierung der Ziele der Anbietenden statt die der Besuchenden (Pop-ups, Cookie-Banner, Sale …): Aggressive Verkaufstaktiken und Unterbrechungen durch Pop-ups zeigen, dass offensichtlich die Ziele der Betreibenden an erster Stelle stehen, nicht das Nutzungserlebnis.
Schlampigkeit (Rechtschreibfehler, Formatierungsfehler, veraltete Inhalte, unscharfe oder unprofessionelle Fotos): Diese Mängel interpretieren Besuchende als Zeichen wenig vertrauenswürdiger Sites.
Enttäuschung von Erwartungen bzw. Brechen von Konventionen: Abweichungen von kulturellen oder branchenspezifischen Normen können verwirren und das Vertrauen in die Website stören.
Manipulative Techniken („dark patterns“): Es gibt eine Reihe von Techniken, die Nutzende dazu bringen, etwas zu tun, was sie eigentlich nicht wollen. Am bekanntesten ist wohl der deutlich hervorgehobene Button zum Akzeptieren der Cookies und der unauffällige Link daneben zum Ablehnen. Das fällt manchen nicht auf, andere dagegen reagieren mit starker Ablehnung darauf. In Usability-Tests höre ich dann etwas wie: „Bei so etwas Unseriösem verlasse ich die Site sofort.“
Fehlende Informationen über die Betreibenden (Über uns, Kontakt, Impressum): Ohne klare Angaben zur Identität und Erreichbarkeit der Betreibenden fehlt die Transparenz, was Misstrauen weckt.
Unbelegte Aussagen/Reviews/Studienergebnisse: Aussagen, die nicht durch Beweise oder Referenzen belegt werden, können als unglaubwürdig wahrgenommen werden und das Vertrauen untergraben.
Sternchen-Angebote (bei Sternchen vermuten Besuchende oft einen Haken – „umsonst*“): Eine Aussage oder ein Angebot, das mit einem Sternchen oder einer hochgestellten Zahl versteckte Bedingungen signalisiert, führt immer zu Skepsis und Misstrauen.
SEO-Texte, die nicht für Menschen geschrieben sind, sondern für Suchmaschinen: Inhalte, die offensichtlich für Algorithmen optimiert sind und nicht für Besuchende, können als manipulativ wahrgenommen werden.
Wege, Vertrauen zu schaffen
Sehen wir uns die positiven Dinge an. Vertrauen entsteht, indem Sie auf Ihrer Site die oben aufgeführten Probleme vermeiden. Außerdem haben Sie zusätzlich folgende Möglichkeiten:
Abbildung von Trust-Elementen wie Logos, Siegel, Zertifikate, Schlösser …: Diese visuellen Hinweise auf Sicherheitsmaßnahmen und Qualitätsstandards signalisieren, dass Ihre Website vertrauenswürdig ist. Interessanterweise wirkt das auch dann, wenn die Siegel Eigenkreationen sind oder einfach ein Vorhängeschloss-Icon und der Text „SSL-verschlüsselt“ auf der Seite stehen. Jede Transaktion von Geld ist heute SSL-verschlüsselt, daher ist der Hinweis eigentlich überflüssig – und doch wirkt er, auch auf Menschen, die das wissen.
Service-Angebote (Telefon, E-Mail, Chat): Bieten Sie verschiedene Kontaktmöglichkeiten, zeigen Sie damit Ihre Bereitschaft, Support zu leisten und auf die Bedürfnisse der Nutzenden einzugehen – im Idealfall kann sich jeder den jeweiligen Lieblingskanal dafür aussuchen.
Persönliche Ansprechpersonen nennen, Team präsentieren: Die Darstellung des Teams hinter der Website mit Namen, Fotos und Positionen schafft eine persönliche Verbindung und erhöht die Glaubwürdigkeit durch Transparenz.
Reviews, Testimonials, Fallstudien: Glaubwürdige, idealerweise nachprüfbare Erfahrungsberichte und Fallstudien von realen Nutzenden/Kundinnen und Kunden schaffen Vertrauen durch „soziale Bewährtheit“ (social proof).
Defizite nicht verstecken (gibt es überhaupt keine negativen Reviews, wirkt das fake): Das Zulassen und angemessene Reagieren auf negative Reviews zeigt, dass die Betreibenden offen für Feedback sind und bestrebt, sich zu verbessern, was Authentizität und Vertrauenswürdigkeit vermittelt. Gibt es nur positive Besprechungen, kommt das manchen verdächtig vor.
Sie sehen: Wir haben jenseits von Text eine ganze Menge von Möglichkeiten, auf unseren Seiten Vertrauen zu schaffen. Viele sind recht einfach umzusetzen, andere erfordern interne Überzeugungsarbeit im Team oder laufende Anstrengungen. Und je nachdem, was Sie erreichen wollen, müssen Sie mehr oder weniger davon unternehmen. Je privater die Daten sind, die Sie von den Besuchenden wollen, desto wichtiger ist für Sie, Ihre Vertrauenswürdigkeit auch klar darzustellen.
Danke für diesen informativen Beitrag! Ich finde es besonders wichtig, dass Sie auf die Balance zwischen Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit hinweisen. Ein übermäßiges Setzen von Pop-ups kann tatsächlich kontraproduktiv sein. Eine kleine Ergänzung: Es ist auch hilfreich, personalisierte Erfahrungen zu bieten. Wenn Besucher das Gefühl haben, dass eine Website auf ihre individuellen Bedürfnisse eingeht, steigert das das Vertrauen enorm. Kleine Anpassungen wie personalisierte Begrüßungen oder Empfehlungen basierend auf früheren Interaktionen können einen großen Unterschied machen.