Soziale Medien – muss ich Tiktoken & Instagrammen? – Newsletter 8/2020

Wissen Sie, welche Sozialen Medien die meisten Nutzer haben? Derzeit sind es Facebook (2,5 Milliarden Aktive im Monat), Youtube (2 Milliarden) und Instagram (1 Milliarden).

Die viel wichtigere Frage ist aber: Wissen Sie, wo und wie Sie Ihre Zielgruppe erreichen? Da wird es schon schwieriger. Natürlich ist es dafür wichtig, nicht die weltweiten Zahlen anzusehen, sondern die für Ihr Land. In Deutschland hat Facebook immer noch 32 Millionen aktive Mitglieder, 23 Millionen sind mehrmals die Woche hier aktiv. Hätten Sie das gedacht? Man bekommt den Eindruck, die Plattform sei abgeschrieben – das liegt aber daran, dass der Erfolg von Facebook keine Neuigkeit mehr ist und das rasante Wachstum zu Ende ist. Was nicht heißt, dass Sie hier noch immer am meisten Menschen erreichen.

Was aber ist mit Instagram und vor allem TikTok? Sie haben sicher auch gelesen, dass „man“ heute die Nutzer dort findet. Wollen Sie also Social Media Marketing machen, müssen Sie dorthin. Falsch. TikTok hat knapp 6 Millionen Nutzer in Deutschland. Das ist nicht wenig, aber noch weit entfernt von Facebook oder Youtube. Und vor allem: Sie finden dort eine sehr spezielle Zielgruppe – und gar nicht so viele Möglichkeiten, sinnvolles Marketing zu machen. Dazu gleich mehr.

Zunächst aber: Die erste Regel, wenn Sie Ihr Social Media Marketing planen, ist also wie immer: Erst Recherchieren, die Zielgruppe bestimmen und untersuchen, dann ein Konzept machen. Und dabei entscheiden, was überhaupt für Ihren speziellen Fall sinnvoll ist. Manchmal ist die beste Entscheidung auch, nichts zu tun. Sie haben dann Kapazitäten für andere, erfolgversprechendere Aktivitäten. Im Folgenden ein paar Tipps, um Ihnen Ihre persönliche Entscheidung zu erleichtern.

Ohne Hündchen geht’s in keinem Sozialen Medium, TikTok ist hier keine Ausnahme.

Ziele setzen & Erfolg messen

Inzwischen wird weltweit mehr Geld für Werbung auf Social Media ausgegeben als für Print – nur übertroffen von Fernsehen und Suchmaschinenwerbung. In Deutschland ist das noch anders, da geben die Werber für Print doppelt so viel aus wie für Social Media.

Sie wollen keine Entwicklung verschlafen, aber auch nicht jedem Trend hinterherlaufen. Gerade als kleines und mittelgroßes Unternehmen hat man wenig Zeit und Geld für Marketing und Werbung und muss sich auf die wichtigsten Kanäle beschränken.

Die erste Frage ist: Bringt Ihnen eine Aktivität auf den Sozialen Medien überhaupt etwas? Was wollen Sie damit erreichen? Einfach nur „Aufmerksamkeit schaffen“ ist zu wenig. Wenn dies das einzige Ziel ist, sparen Sie sich die Mühe. Ein gutes Ziel kann dagegen sein:

Wir wollen neue Kunden auf unsere Website bringen, die zwischen 18 und 30 Jahren alt sind.

Oder:

Wir wollen uns bei unseren Bestandskunden in Erinnerung rufen, die über 30 Jahre alt sind.

Das heißt, Sie überlegen also, wen Sie ansprechen wollen. Dann überlegen Sie, was Sie bei den Angesprochenen erreichen wollen. Und dann erst legen Sie fest, welchen Kanal Sie nutzen. Vergessen sollten Sie dann nicht, auch festzulegen, wie Sie den Erfolg messen. Denn Aktivitäten auf Sozialen Medien ohne Erfolgskontrolle sind Zeitverschwendung.

Wobei der Erfolg leider gar nicht so leicht zu messen ist. Einfach nur Fans/Follower zu zählen bringt wenig. Wichtiger ist die Interaktion. Wenn Sie also auf Facebook viele Fans haben, ist das nett. Besser ist es, wenn Sie für einen Beitrag viele Likes bekommen oder er geteilt wird. Am besten ist es, wenn die Nutzer reagieren und Kommentare schreiben.
Aber: All das hat natürlich noch nichts verkauft. Die Menschen sind ja noch nicht einmal auf Ihrer Website, geschweige denn im Shop. Wenn Sie messen können (und wollen), wie viele Verkäufe oder zumindest Interessenten Sie durch Aktivitäten auf Social Media generieren, dann haben Sie die beste und härteste Metrik.

Sehen Sie sich an, welche Konkurrenz es gibt im jeweiligen Kanal. Das sind einmal Ihre direkten Wettbewerber. Zum anderen sind das aber auch Vereine, Medien oder Einzelpersonen, die „Ihre“ Themen besetzen. Können Sie in Wettbewerb mit diesen treten? Wie aufwendig ist es, es deutlich besser zu machen als diese? Es kann sinnvoll sein, dass Sie beschließen, sich auf einen anderen Kanal zu konzentrieren, wenn Sie zum Schluss kommen, dass Ihr Thema schon zu dicht besetzt ist auf einem bestimmten Kanal.

Kanäle & Zielgruppen

Welche Zielgruppe finden Sie auf welchem Kanal? Aus meiner Sicht sind das die wichtigsten:

E-Mail

Zählt eigentlich nicht als Soziales Medium, Sie sollten es aber nicht vergessen. Denn die gute alte E-Mail ist noch immer ein höchst wirksames Marketinginstrument. Die ganz junge Zielgruppe begeistern Sie damit vielleicht nicht, aber eine Mailadresse hat jeder, und so können Sie mit guten Inhalten auch die erreichen.
Jenseits der 20 Jahre und vor allem im beruflichen Umfeld funktioniert E-Mail-Marketing noch immer bestens. Belege dazu hier: E-Mail funktioniert
Inhaltlich sind Sie bei E-Mail völlig frei. Kurze Mails mit Bild oder Video funktionieren genauso wie sehr lange, tiefschürfende Texte – und alles dazwischen. Solange Sie es schaffen, für Ihre Zielgruppe relevante Inhalte zu liefern.

Facebook

Wie erwähnt, Facebook ist nicht mehr der Medienliebling und ich persönlich bin auch nicht der größte Fan. Aber dennoch erreichen Sie über Facebook viele Menschen, besonders jenseits der 30. Die sogenannte Generation X oder Generation Golf nutzt dieses Soziale Netzwerk noch immer intensiv.
Viel Aufmerksamkeit bekommen Sie hier mit unterhaltsamen, überraschenden oder hilfreichen Beiträgen. Ein Bild oder Video als visueller Anker ist Pflicht. Und an den Diskussionen sollten Sie sich zwingend beteiligen. Antworten Sie hier nicht auf Fragen, können Sie sich die Mühe sparen, Inhalte einzustellen.
Nicht neu, aber immer noch völlig aktuell dazu meine Tipps im Blog: Facebook für Firmen

Instagram

Der Bilderdienst gehört zu Facebook, was viele Nutzer gar nicht wissen und was auch in der Praxis keine Rolle spielt. Das Publikum ist etwas jünger, vor allem die Millennials sind hier aktiv (also diejenigen, die um die Jahrhundertwende geboren sind).
Hier geht es mehr um schöne Bilder, weniger um Interaktion.

Instagram Beispiel Vodafone
Klassisches Unternehmens-Marketing: Vodafone zeigt auf Instagram viel Rot, flotte Sprüche und vor allem schöne Bilder. vodafone_de
Instagram Beispiel Wäscherei
Großartig: Die 80-jährigen Wäscherei-Betreiber modeln in Klamotten, die Kunden nicht abgeholt haben. Höchst sympathisches Marketing. hwantshowasyoung

Twitter

Die Nutzerschaft von Twitter lässt sich vom Alter her schwer bestimmen. Teenager sind hier weniger unterwegs, ansonsten ist das Publikum recht gemischt. Die Aktiven kommen vor allem aus Wissenschaft, Politik und Medien. Und eben Menschen, die sich dafür interessieren. Teilweise entstehen sehr gute, interessante Diskussionen, teilweise gibt es aber natürlich auch hier wie überall sonst wüste Beschimpfungen und jede Menge Unsinn.
Text & Inhalte stehen hier klar im Fokus.

TikTok

Der neue Star unter den Sozialen Medien ist die Kurzvideo-Plattform TikTok. Faszinierend ist zuzuhören, wie selbst Millennials (die mit Sozialen Medien wie Facebook und Instagram sozusagen aufgewachsen sind) rätseln, wie dieses TikTok funktioniert. Teenager finden schon die Frage doof.
TikTok ist Haltestellen-Schnellimbis: Jedes Video dauert nur wenige Sekunden, dann geht es weiter. Ob man eine Minute zusieht oder 2 Stunden ist eigentlich egal. Man ist nie fertig, der Stream der Inhalte reißt nicht ab, und viele, die es nur kurz ausprobieren wollen, sitzen eine halbe Stunde davor.
Meist sieht man auf TikTok junge Menschen, die ausgefuchste Choreografien zu eingängigen Liedern vorführen. Oft machen Menschen wilde Sachen, stürzen sich von Brücken, übergießen sich mit einem Eimer Wasser/Farbe/Bier oder springen 20 Treppenstufen auf einmal hinunter. Und natürlich gibt es jede Menge Sketche. Und Hunde, Katzen, Papageien, Babys.
Was es wenig gibt: klassisches Marketing. Das funktioniert hier nicht, aber es gibt ein paar Unternehmen (und Politiker), die es probieren.

Beispiel TikTok Museen / Prado
Leider ist der Sprecher viel zu leise, die Kamera wackelt – aber inhaltlich sind die kurzen Erklärungen zu klassischen Gemälden top. www.tiktok.com/@museodelprado
Beispiel TikTok Politik
Mein Lieblingsbeispiel für TikTok als Marketingwerkzeug: Wenn Sie das nicht lustig finden, sollten Sie selbst nicht auf TikTok aktiv werden. www.tiktok.com/@thomas_sattelberger/video/6848551068264123654

Youtube

Youtube ist auch wieder generationenübergreifend. Hier finden Sie Kinder, die Hilfe bei den Hausaufgaben suchen, sich unterhalten lassen wollen oder ihren Lieblings-Influencern lauschen. Genauso sind hier die Millennials unterwegs, die Schminktipps geben. Und Hacker kurz vorm Rentenalter, die ihre Künste vorführen sowie Unternehmen, die hochwertig produzierte Videos einstellen. Kurz: Alle und jeder nutzt Youtube.
Das heißt aber auch: Die Konkurrenz ist riesig, Sie müssen tolle Videos haben, um hier Aufmerksamkeit zu bekommen und Ihre Zielgruppe auch wirklich zu erreichen. Und „toll“ heißt nicht, teuer produziert. Toll heißt, die Inhalte müssen für die Zielgruppe hoch relevant sein, sie müssen unterhalten und/oder nützlich sein und sie müssen die Vorteile des Mediums nutzen. Das zu schaffen, ist schwer und zeitaufwendig.
Mehr zu den Influencern und warum die als Marketing-Partner nicht taugen im letzten Newsletter: Influencer Marketing

LinkedIn & Xing

Verkaufen Sie an Geschäftskunden (B2B) oder wollen Sie sich für potenzielle Mitarbeiter gut darstellen, sind die Netzwerke Xing und LinkedIn wichtig für Sie. 17 Millionen Nutzer sind in Deutschland bei Xing, 14 Millionen bei LinkedIn.
Wenn möglich, bedienen Sie beide Kanäle – Sie können hier die identischen Inhalte einstellen. Nur auf Fragen müssen Sie natürlich individuell antworten.
Auf beiden Kanälen zählen hier neue, interessante und vor allem nützliche Inhalte. Ein visuelles Element darf auch hier bei keinem Beitrag fehlen.

Sonstige Medien

Natürlich gibt es viele, viele weitere Soziale Medien. Kennen und nutzen Sie selbst solche, dann sind diese vielleicht auch für Ihre Zielgruppe und/oder Ihre Themen relevant. Generell sollten Sie sich aber nicht verrückt machen lassen. Nur wenn Sie in anderen Ländern aktiv sind oder sehr spezielle Zielgruppen haben, müssen Sie hier recherchieren. Erwähnt seien nur ganz kurz:

VK.com

VK.com kennen manche noch unter seinem alten Namen VKontakte. Es ist das größte russische Soziale Netzwerk. Es wird aber in über 90 Sprachen angeboten, darunter auch Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch.
Weltweit hat VK.com fast 600 Millionen Nutzerkonten und ist die häufigst besuchte Site in Russland, weltweit steht sie an 14. Stelle.

VK.com Anmeldeseite
Die Anmeldeseite erinnert sehr an Facebook …

WeChat, WhatsApp

Aus meiner Sicht sind WeChat (vor allem in China hoch relevant) und insbesondere WhatsApp kein Soziales Netzwerk. Es sind Nachrichtendienste, die für viele die E-Mail für die private Kommunikation abgelöst haben. Für manche hat es auch Facebook abgelöst – aber der Witz ist, dass hier die Unterhaltung in privaten Gruppen stattfindet. Das weckt natürlich Begehrlichkeiten von Marketing-Experten. Aber nutzen lässt sich das fürs Marketing aus meiner Sicht nicht sinnvoll. Auch wenn es Werber gibt, die Ihnen etwas anderes erzählen.

Fazit

Wenn sie auf den Sozialen Medien aktiv sind, dann machen Sie Marketing, klar. Und in dem Bereich sind Trends und Moden ganz wichtig. Lassen Sie sich davon aber nicht verrückt machen. Wenn Sie Zeit haben und gute Ideen – wunderbar. Dann machen Sie auch mal einen Trend mit und werden z.B. auf TikTok aktiv. Das ist sinnvoll, wenn Sie eine sehr junge Zielgruppe haben und etwas als Video zeigen können.

Wenn Sie aber Monate brauchen, eine Strategie zu formulieren und durch die Gremien im Unternehmen zu bekommen, können Sie sich so etwas sparen. Bis dahin ist ein anderes Soziales Medium angesagt. Oder, noch wahrscheinlicher, es sind so viele auf den Zug aufgesprungen, dass es kaum noch möglich ist, die Aufmerksamkeit der Nutzer zu bekommen.

Was Sie vorrangig abdecken sollten, ist das Bewährte – davon liest man weniger, hier sind aber immer noch die meisten Nutzer. Und daher lohnt sich Ihre Mühe dort oft viel mehr. Denken Sie also vor allem an E-Mail, an Facebook, Twitter, Instagram, Xing und LinkedIn. Und bleiben Sie sich bzw. Ihrer Marke treu!

2 Gedanken zu „Soziale Medien – muss ich Tiktoken & Instagrammen? – Newsletter 8/2020“

  1. Eine schöne Übersicht! Die Zahlen zu Xing und LinkedIn haben mich überrascht. Ich als Österreicher bin auf beiden Plattformen registriert, habe Xing aber immer links liegen gelassen, weil ich dort praktisch niemanden finde, den ich kenne. Ich hätte deshalb vermutet, dass LinkedIn im deutschsprachigen Raum generell wesentlich weiter verbreitet ist.

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    • Interessant! Aus meiner ganz persönlichen Sicht hätte ich gesagt, in Deutschland sind wesentlich mehr Leute auf Xing (einfach vielleicht weil es älter ist). LinkedIn hat extrem aufgeholt und inzwischen passiert hier gefühlt mehr. Aber gerade erfahrenere Kollegen würde ich eher auf Xing vermuten.

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