Website-Erfolg durch Zieldefinition – Newsletter 6/2025

Legen Sie für Ihre Website am Anfang kein klares Ziel fest, ist das so, als würden Sie Ihren Hausbau beginnen, indem Sie die Möbel kaufen. Sie haben dann zwar wunderschöne Sofas und einen riesigen Esstisch, aber keine Ahnung, ob die Sofas in Ihr künftiges Wohnzimmer passen, ob Sie überhaupt Platz für ein eigenes Esszimmer haben oder die Möbel durch die Türen passen. Am Ende stehen Ihre teuren Möbel im Keller, weil sie nicht in das fertige Haus passen. Sie verschwenden also Zeit, Geld und am Ende sind alle unzufrieden.

Kommen Leute zu mir, um eine Website erstellen zu lassen, haben sie oft eine Liste mit Inhalten oder Funktionen dafür. Frage ich sie aber, warum sie überhaupt eine Website wollen, kommt meist etwas wie „braucht man halt“ oder „wir möchten über uns informieren“. Ihnen ist aber nicht klar, dass das keine Ziele sind und sie eigentlich gar nicht wissen, was sie mit ihrer Site überhaupt anfangen wollen.

Warum scheitern Websites ohne klares Ziel?

Viele, besonders Start-ups und mittelgroße Unternehmen, starten ein Webprojekt mit unklaren Vorstellungen. Manche wollen den Punkt „Website“ auf der To-do-Liste möglichst schnell abhaken, andere sagen etwas wie: „Wir müssen online präsent sein.“ Das klingt zunächst plausibel, aber tatsächlich fehlt einer solchen Aussage eine entscheidende Eigenschaft: ein messbares und vor allem nachvollziehbares Ziel.

Das Ergebnis: Am Ende haben sie zwar eine Website, die bleibt aber völlig wirkungslos. Oder zumindest weit hinter dem zurück, was die Site leisten könnte – eine verschenkte Chance. Und diese Gefahr wird noch größer, wenn Websites mit einfachen KI-Assistenten entstehen. Die fackeln nicht lange, sondern bauen nach kurzem Chat eine oft ganz ordentlich wirkende Site. Hat diese aber kein zugrunde liegendes Ziel, bleibt sie nicht viel mehr als optischer Schmuck statt Instrument zum Erreichen der Unternehmensziele.

Comic einer Person, die auf einem Weg geht, der weit in der Ferne zu einer Klippe führt. Auf einem Wegweiser im Vodergrund steht "Irgendwo".
Wer nicht weiß, wohin er will, landet irgendwo anders.

Nehmen wir als Beispiel einen größeren Sportverein, der eine neue Website wollte zur „besseren Information der Mitglieder“. Nach viel, viel Mühe und mehreren Monaten ist die Website online und sieht toll aus – aber hat kaum Effekt: Mitglieder rufen weiterhin wegen jeder Kleinigkeit an, der Vorstand ist genauso überlastet wie vorher. Warum? Weil nie definiert wurde, was genau besser kommuniziert werden soll und wie sich das messen lässt.

Mit einem klaren Ziel hätte das Projekt anders ausgesehen: „Bis Ende des Jahres sollen 80 Prozent der Standard-Anfragen (Trainingszeiten, Ansprechpersonen, Vereinsbeiträge) über die Website beantwortet werden, um die Anrufe beim Vorstand um die Hälfte zu reduzieren.“ Plötzlich wird klar: Die wichtigsten Infos dazu gehören prominent auf die Startseite – nicht die Vereinshistorie. Es braucht eine gute Navigation mit den Begriffen, die Besuchende erwarten, und eine gute Suchfunktion.

Was sind Website-Ziele eigentlich?

Ein Website-Ziel beschreibt konkret und messbar, welches Problem die Website für Auftraggebende (also nicht für die Zielgruppe) lösen soll. Es geht nicht um Features („soll responsive sein“) oder vage Wünsche („soll modern aussehen“), sondern um nachvollziehbare Veränderungen im Geschäfts- oder Vereinsalltag.

Schlechte Zielformulierung:

Die Website soll informieren.

Gute Zielformulierung:

Bis März 2025 sollen 60 Prozent der Terminanfragen online über ein Buchungsformular eingehen, um die Telefonzeiten der Verantwortlichen dafür von täglich 3 auf 1,5 Stunden zu reduzieren.

Sie sehen den Unterschied? Die erste Formulierung ist eigentlich kein Ziel, sondern eine Funktion. Das gute Ziel ist dagegen spezifisch, messbar und hat einen klaren Zeitrahmen – es folgt der SMART-Regel.

Screenshot Startseite Arztpraxis
Mit klaren Zielen wissen Sie auch, was prominent auf die Startseite gehört. Hier bei https://praxis-lindner.berlin/ sind es offenbar Rezeptanforderung und Terminvereinbarung.

SMART-Kriterien für Website-Ziele

SMART ist ein bewährtes Schema für gute Zielformulierung, praktisch auch für Websites:

  • Spezifisch (was genau soll passieren?)
  • Messbar (an welcher Kennzahl erkennen Sie den Erfolg?)
  • Akzeptiert (ist das Ziel für alle Stakeholder verständlich?)
  • Realistisch (ist das Ziel mit Budget und Zeit erreichbar?) und
  • Terminiert (bis wann soll das Ergebnis stehen?)

Viele Vereine, Ärztinnen und Ärzte oder kleine Unternehmen sagen typischerweise: „Interessierte sollen uns finden und unsere Angebote sehen“ oder „Wir brauchen eine Online-Präsenz.“ Das sind alles keine Ziele, denn Informationsweitergabe ist kein Ziel. Sie erkennen ein schwammiges Ziel auch daran, dass es keine Kennzahl gibt, an der Sie den Erfolg messen könnten.

So finden Sie konkrete Ziele heraus

1) Bohren Sie nach dem echten Problem

Hören Sie „Wir brauchen eine Website“, fragen Sie sofort: „Welches konkrete Problem soll die Website lösen?“ Lassen Sie sich nicht mit „Information“ oder „Präsenz“ abspeisen.

Hilfreiche Fragen:

  • Was nervt Sie aktuell am meisten in Ihrem Arbeitsalltag?
  • Womit verschwenden Sie oder Ihre Mitarbeitenden Zeit?
  • Was fragen Kundinnen und Kunden immer wieder?
  • Was macht Ihre Konkurrenz online besser?

2) Machen Sie Probleme messbar

Fragen Sie nach konkreten Zahlen: Wie viele Anrufe pro Woche? Wie lange dauert aktuell Prozess X? Wie viele Kunden fragen nach Y?

Auch wenn die Antworten nur Schätzungen sind – Zahlen helfen beim späteren Formulieren der SMART-Ziele.

3) Formulieren Sie gemeinsam SMART-Ziele

Nehmen Sie das konkrete Problem und verwandeln Sie es mit den Stakeholdern in ein SMART-Ziel. Lassen Sie die Auftraggebenden selbst Zahlen und Fristen vorschlagen – so stehen sie später auch dahinter.

Beispiele für konkrete Ziele verschiedener Branchen

Konkrete SMART-Ziele könnten so aussehen: Eine Arztpraxis formuliert: „Durch Online-Terminbuchungen sollen binnen sechs Monaten 40 Prozent aller Termine digital eingepflegt werden, um den Telefonaufwand um ein Drittel zu reduzieren.“ Eine Kanzlei sagt: „Im Kalenderjahr 2026 sollen monatlich mindestens 10 Erstberatungen aus Online-Kontaktanfragen resultieren.“ Ein Fußballverein definiert: „Bis zum 30.9.2025 sollen sich 60 Prozent aller neuen Jugendlichen über die Website für Probetraining anmelden.“ Ein kleines Café plant: „Pro Monat sollen 5 konkrete Catering-Anfragen über die Website generiert werden.“

Solche SMART formulierten Ziele sorgen dafür, dass Sie wissen, welche Kennzahlen Sie im Blick behalten sollten. Das sind oft PDF-Downloads (Mitgliedsanträge), Formular-Absendungen (Kontaktanfragen, Anmeldungen) oder Click-to-Call-Klicks für telefonische Nachfragen.

Einfache Messung ohne Profi-Tools

Analytics, also die Auswertung der Online-Zugriffszahlen, sollten Sie zumindest gelegentlich ansehen. Damit finden Sie heraus, ob die Site ihre Ziele auch erreicht.
Beantworten Sie damit Fragen wie: Wie oft wurde das PDF mit dem Mitgliedsantrag heruntergeladen? Wie viele Leute haben das Kontaktformular ausgefüllt? Wie lange bleiben Besuchende auf der Seite mit den Trainingszeiten?

Der wichtigste Indikator für den Erfolg ist aber oft direktes Nachfragen. Etwa bei unserem Vereins-Beispiel: „Bekommen Sie weniger Anrufe mit Nachfragen zu Trainingszeiten?“, oder „Kommen mehr Anmeldungen über die Website?“ Diese qualitativen Rückmeldungen sind oft mindestens so wertvoll wie Zahlen.

Was tun, wenn Auftraggebende nur „keine Ahnung“ antworten?

Manche Leute, die eine Website beauftragen, haben wirklich noch nie über konkrete Ziele nachgedacht. Dann helfen Sie diesen mit Beispielen: „Andere Vereine nutzen ihre Website, um …“ oder „Stellen Sie sich vor, wenn jeden Montag drei Leute weniger anrufen und nach Trainingszeiten fragen – wie viel Zeit würde das sparen?“ Oft wird dann klar, was das eigentliche Problem ist.

Falls gar nichts kommt, schlagen Sie ein Mini-Ziel vor: „Lassen Sie uns starten mit dem Ziel, dass pro Monat 5 Leute den Mitgliedsantrag herunterladen. In 3 Monaten schauen wir, ob das realistisch war.“ Kleine, erreichbare Ziele motivieren mehr als große, vage Träume.

Screenshot Website Sportclub
Eine Website mit klar definierten Zielen erkennt man auch an der Navigation. Diese hier wirkt wie klar an den Interessen der Besuchenden ausgerichtet. Lediglich „News“ ist vermutlich verzichtbar. (
https://www.boxfabrik-kleve.de/)

KI zur Hilfe

Natürlich können Sie auch KI nutzen, um die Ziele zu definieren. Passen Sie nur auf, dass Sie nicht einfach das übernehmen, was die KI vorschlägt. Denn das wird immer das Üblichste sein – nicht das, was zu den konkreten eigenen Zielen entspricht.

Ein Promptvorschlag für eine KI wie Mistral/LeChat oder ChatGPT:

Motivation:

Ein mittelständisches Küchenstudio möchte Online-Anfragen steigern und Telefonaufwand senken. Aktuell gibt es 50 Anrufe/Monat, keine Online-Formulare.

Aufgabe:

Formuliere 2–3 SMART-Ziele für die neue Website (z. B. % Online-Anfragen, Terminbuchungen).

Resultat:

Kurze Liste pro Ziel mit:

Ziel (SMART, 20–30 Wörter)

Kennzahl

Zeitraum

Messmethode

Verantwortliche

Exempel:

Ziel: „Bis 30.9.2025 sollen 40 % der Auftragsanfragen online erfolgen, um Telefonaufwand um 25 % zu senken.“

Kennzahl: Anteil Online-Anfragen

Zeitraum: 30.9.2025

Messmethode: Analytics und Team-Tracking

Verantwortung: Marketing trackt, IT implementiert

Fazit: Ihre Website wird entweder Werkzeug oder teures Denkmal

Sie investieren viel Zeit und oft auch Geld in Ihre Website. Die entscheidende Frage ist: Wird die Site ein nützliches Werkzeug oder ein teures Design-Denkmal? Die Optik einer Site ist wichtig, aber ob sie ein Erfolg ist, hängt davon ab, ob sie ein konkretes Problem löst. Und das bedeutet auch: Manchmal müssen Sie unbequeme Fragen stellen und hartnäckig nachbohren.

Die Wahrheit ist einfach: Eine Website ohne klares Ziel ist wie ein Sportwagen ohne Lenkrad – sieht beeindruckend aus, bringt Sie aber nirgendwo hin. Nur, dass der Sportwagen wenigstens noch als Statussymbol taugt.

Erstellen Sie eine neue Site? Dann entscheiden die nächsten 30 Minuten über Ihren Erfolg oder Ihr Scheitern: Führen Sie das Ziel-Gespräch, bevor Sie auch nur einen Pixel gestalten.

Sie haben schon eine Site: Bevor Sie das nächste Update machen oder Geld in Werbung stecken – definieren Sie jetzt die Ziele oder überprüfen Sie sie, ob diese SMART sind. Fragen Sie sich: Was soll unsere Website eigentlich erreichen? Messen Sie vier Wochen lang, dann wissen Sie, ob Ihre Site für Sie arbeitet oder nur gut aussieht.

Generell: Fragen Sie immer nach konkreten Problemen, schätzen Sie gemeinsam im Team Zahlen und formulieren Sie eines oder mehrere SMART-Ziele. Denn ohne klare Ziele bleibt auch der schönste Website-Porsche nur ein teures Ausstellungsstück in Ihrer digitalen Garage.

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