Schnell & billig: Selbsttest für die eigene Website – Newsletter 12/2017

Im nächsten Jahr wird alles besser. Naja, vielleicht nicht alles. Aber sorgen Sie dafür, dass es zumindest Ihre Website wird.

Im Gegensatz zu anderen Vorsätzen ist das aber gar nicht schwer umzusetzen. Sie brauchen dazu keinen großen Relaunch. Sie brauchen dazu nicht einmal einen Usability-Test.

Alles was Sie tun müssen, ist sich 1 bis 2 Stunden Zeit zu nehmen. Die reichen aus, um die wichtigsten Punkte festzulegen, wie Sie einen ganz großen Schritt vorankommen mit Ihrer Site.

Der versteckte Schatz in Ihrer Website

Screenshot Login-Fehler
Kommt in den besten Familien vor: Kaputte Links zu wesentlichen Teilen der Website wie hier zum Shop.

Nach meiner Erfahrung sitzen wir alle, die wir eine Website betreiben, auf einem großen Schatz. Nur wissen die meisten von uns das nicht.

Immer wieder werde ich gebeten, ein Usability-Review von einer Website zu machen oder einen Usability-Test und ich merke nach wenigen Minuten: Da stimmt etwas nicht.

Versucht man das auf der Website zu tun, wofür die Betreiber sie erstellt haben, stößt man auf große Probleme. Man kann keinen neuen Account anlegen. Produkte in den Warenkorb zu legen benötigt drei oder vier Klicks. Die Preise für einen Service sind nicht angegeben. Oder der Link zum Kontakt fehlt.

Um solche Probleme zu finden, braucht es keinen Experten. Und wie man diese Probleme behebt, ist oft auch nicht schwer herauszufinden.

Diese Situation kommt Ihnen unrealistisch vor? Sie ist es nicht. Denn Websites werden mit der Zeit immer komplexer und gerade wenn mehr als ein paar Menschen daran arbeiten, kommt es zu Missverständnissen oder man vergisst, die Kollegen über Änderungen zu informieren.

Daher sollte man jede Website mindestens einmal im Jahr einem ganz einfachen Selbsttest unterziehen.

Der Selbsttest für die bessere Website

Nehmen Sie sich eine Stunde Zeit. Dann arbeiten Sie diesen einfachen Testplan ab und schreiben dabei alles auf, was Ihnen auffällt.

1) Die Brille des Benutzers aufsetzen

Versetzen Sie sich hinein in eine Person, die Ihre Website nutzen will. Wenn Sie Personas haben, dann suchen Sie sich eine aus. Vergessen Sie jetzt alles, was Sie von Ihrer Website wissen. Löschen Sie den Cache oder gehen Sie vielleicht sogar an einen Computer, den sie normalerweise nicht beruflich nutzen.

2) Aufgabe definieren

Überlegen Sie: warum kommen Nutzer auf Ihre Website? Überlegen Sie nicht, was Sie gern hätten. Überlegen Sie, warum echte Menschen das tun.

Definieren Sie ein Ziel. Niemand surft heute mehr durch Internet. Die Menschen gehen zielgerichtet vor und brechen ab, wenn sie das Gefühl haben, dass sie nicht weiterkommen.

Ein Ziel kann sein: Produkt X kaufen. Preise für Dienstleistung Y herausfinden. Angebot für Z anfordern.

3) Über Google gehen, nicht über die URL

Nun googeln Sie nach Ihrer Site. Praktisch niemand gibt heute noch eine URL ein, in Nutzertests sehen wir, dass jeder normale Nutzer ohne Nachzudenken sofort Google nutzt.

Klicken Sie auf einen der Treffer.

4) Tun Sie, was die Nutzer tun

Fast alle Nutzer gehen zielstrebig zur Suchfunktion auf der Site. Je klarer ihr Ziel zu formulieren ist, desto eher. Haben Sie also einen Shop und jemand sucht ein bestimmtes Produkt, wird er Ihre Suche nutzen.

Will er sich inspirieren lassen oder will er tatsächlich etwas über Ihr Unternehmen erfahren, dann verwendet er möglicherweise die Navigation.

Denken Sie bei jedem Klick, bei jedem Eintippen darüber nach, wie es ein Interessent machen würde, der Sie nicht kennt.

Wenn Sie einen Shop betreiben, dann legen Sie ein Produkt in den Warenkorb. Dann noch ein zweites. Und schließlich gehen Sie zur Kasse.

Registrieren Sie sich als Neukunde. Machen Sie alle Schritte durch und überspringen Sie nichts. Bezahlen Sie tatsächlich. Ziehen Sie den ganzen Einkauf durch. Vom Anfang bis zum Ende.

Wollen Sie mit der Site Werbung für Ihre Dienstleistungen machen, überlegen Sie: Verstehen die Besucher, was Sie tun? Verstehen sie den Unterschied zwischen den verschiedenen Methoden/Varianten/Paketen, die Sie anbieten?

Sind die Informationen umfassend genug? Sind sie mit dem Hintergrundwissen, das diese mitbringen, auch verständlich? Und kommen die Besucher irgendwann (hoffentlich möglichst schnell) an den Punkt, an dem sie überzeugt sind und handeln? Das heißt, nehmen sie Kontakt auf mit Ihnen? Wenn ja, wie? Finden Sie dazu alles Nötige? Oder müssen sie z.B. erst nach einer Mailadresse oder Telefonnummer suchen?

5) Betrachten Sie die ganze User Experience

Sind Sie der Meinung, dass die Nutzer nun zufrieden wären und ihren Besuch beenden würden, sind Sie noch nicht fertig. Sehen Sie sich an, was als Nächstes passiert. Bekommen sie eine Bestätigungs-Mail? Wann kommt diese an? Wie ist diese gestaltet? Wie werden die Empfänger angesprochen? Empfinden diese das als passend? Was steht inhaltlich drin?

Und wenn Sie physische Produkte verschicken: Wann kommt die Lieferung an? Wie sieht sie aus? Wie ist sie verpackt? Versteht man, wie man das Produkt in Betrieb nimmt, mit ihm arbeitet?

Was passiert noch? Gibt es eine weitere Mail? Weiteren Kontakt?

Fazit & Vorgehen bei der Optimierung

Haben Sie diese einfache Übung abgeschlossen, dann haben Sie vermutlich einige Notizen gemacht von Dingen, die besser laufen könnten. Vielleicht habe Sie sogar etwas gefunden, was unbedingt sofort geändert werden muss.

Gehen Sie die Liste durch und geben Sie den Problemen eine Wertung von 1 bis 3. 1 heißt kosmetisches Problem, 2 heißt größeres Problem, das kann mich Kunden kosten, und 3 heißt Riesenproblem, das macht den Umgang mit meiner Website so schwer, dass zumindest einige Nutzer ihren Besuch abbrechen werden.

Und damit sind wir dann wieder bei den guten Vorsätzen:

Reservieren Sie sich in den ersten Wochen im nächsten Jahr einen Nachmittag pro Woche oder zweimal die Woche zwei Stunden, in denen Sie diese Probleme angehen. Denn auch die mit der Priorität 2 und 1 verdienen es, gelöst zu werden.

Und dann haben Sie im nächsten Jahr tatsächlich eine Website, die immer besser wird. Ganz ohne Relaunch.

Als Arbeitserleichterung und Gedächtnisstütze für Sie habe ich Ihnen dazu ein Arbeitsblatt bzw. eine Checkliste erstellt, das Sie hier kostenlos direkt herunterladen können: Website-Optimierung Arbeitsblatt Selbsttest.pdf

3 Gedanken zu „Schnell & billig: Selbsttest für die eigene Website – Newsletter 12/2017“

  1. Hallo Jens, danke für die Tipps! Ich habe sie aufmerksam gelesen und werde das, so Gott will, demnächst mit meiner Website durchexerzieren.
    Schöne Adventstage! Jens aus Bielefeld

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  2. Noch eine Zusatzfrage: Du sagst, kein Mensch benutzt mehr die URL, alle gugeln. A) Liegt das nicht vor allem daran, dass es technisch immer schwieriger wird, eine URL in den Browser einzugeben, ohne dass die Suche anspringt? (Mir ist es jedenfalls schon oft so gegangen, dass Google ungewollt angesprungen ist.) B) Bedeutet das, dass ich bei einem Medienbruch (z. B. in Print) u.U. gar nicht mehr eine URL angeben sollte, sondern stattdessen geeignete Suchwörter fürs Gugeln? Also etwa: „Google: korfftext“

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    • Hallo Jens, da ist mir dein Kommentar irgendwie durchgerutscht, sorry. Hier meine Antwort auf deine interessante Frage:

      Den Ansatz, keine Site mehr anzugeben, sondern Suchworte, finde ich interessant. Wenn ich länger drüber nachdenke, weiß ich aber nicht, ob er uns weiterhilft. Denn nach meiner Einschätzung verschwimmt bei den meisten Menschen die Wahrnehmung – sie wissen gar nicht so genau, was sie googeln und was sie als URL eingeben. Auch mit bedingt durch das, was du beobachtest: Man weiß gar nicht so genau, wann Google anspringt im Browser.

      Was also tun? Am besten hat man Seiten, die in Google auch gefunden werden, wenn die Nutzer URLs eingeben – das ist natürlich leichter gesagt als getan. Und andersherum den Nutzern Suchworte an die Hand zu geben hieße, dass man sich der Gnade von Google ausliefert – und der Arbeit der SEO-Experten der Konkurrenz.

      Daher würde ich zunächst immer noch fürs Weitergeben von URLs plädieren. Wir halten die Fahne hoch!

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