Newsletter 10/2008 – Audio und Video sinnvoll einsetzen

Endlich wird das Web multimedial. Über die Hälfte aller deutschen Webnutzer gehen per DSL ins Netz. Die Browser sind durch sehr weit verbreiteten Plug-Ins für die Wiedergabe von Audio und Video ausgerüstet. Immer mehr Sites nutzen daher die Vorteile dieser Medien.

Doch bevor Sie sich von der Begeisterung mitreißen lassen, wie immer mein Rat zur Vorsicht: erst planen, dann umsetzen. Oder es sein lassen, wenn sich herausstellt, dass sich der Aufwand nicht lohnt.

Ziele & Zielgruppe

Wie bei jedem anderen Medium überlegen Sie sich, was Sie überhaupt erreichen wollen.  Nur weil Audio und Video sich leicht einbinden lassen, oder weil es vielleicht die Konkurrenz auf der Website hat, nur darum sollte niemand Audio oder Video einsetzen.

Überlegen Sie sich auch, wen Sie ansprechen wollen. Nutzt Ihre Zielgruppe Audio und Video auf Websites? Hat sie überhaupt die technische Möglichkeit dazu? Auch wenn auf fast allen privaten PCs die nötige Software installiert ist, ist das im geschäftlichen Umfeld oft nicht so. Viele große Unternehmen blockieren sogar die Wiedergabe und das Herunterladen von Mediendateien. Auch das Flash-Plug-In ist teilweise nicht erlaubt und kann auch von den Anwendern auf den eigenen PCs nicht nachinstalliert werden, weil diese zentral verwaltet werden.

Wenn Sie sich nun entschieden haben, Audio oder Video zu verwenden, dann beachten Sie die folgenden Punkte:

Unterschiede Audio und Video zu Text

Der wichtigste Unterschied zwischen den Medien Audio/Video und geschriebenem Text ist, dass Audio und Video streng lineare Medien sind. Der Nutzer muss diese in genau der Reihenfolge und in der Geschwindigkeit wiedergeben, wie sie aufgenommen wurden. Vor- und Zurückspringen ist nur schwer möglich. Einen Überblick über die Inhalte kann er sich nicht direkt verschaffen. Wenn das Interface nicht Dauer und Position innerhalb des Mediums anzeigt, dann hat der Nutzer keine Vorstellung davon wo er gerade ist, und wie viel Zeit noch vor ihm liegt.

Zu allem Überfluss ist die Steuerung von Audio und Video vor allem im Web nicht einheitlich.

Diese Aufzählung der Eigenheiten soll Sie nicht davon abhalten, diese Medien einzusetzen. Man muss sie nur im Hinterkopf behalten.
Audio und Video haben auch viele Vorteile:

  • Sie sind direkter und emotionaler, sie können Stimmung und Persönlichkeit vermitteln.
  • Sie können manche Dinge deutlich schneller vermitteln (Umgebung zeigen, Umgang mit einem Computerprogramm etc. vorführen…).
  • Sie können genutzt werden, wenn die Hände zum Blättern etc. nicht frei sind (Audio sogar, wenn „die Augen nicht frei sind“, etwa beim Autofahren oder Joggen).
  • Dank MP3- bzw. mobilem Video-Player kann man sie auch unterwegs, ohne Internet-Verbindung, nutzen.

Wann setzt man Audio ein? – Einsatzszenarien

Häufige Einsatzzwecke für Audio sind Konferenzmitschnitte, Nachrichten oder Kommentare sowie Hörspiele und Audios im Stil von Radiomagazinen. Diese kann man entweder direkt auf der Website anhören, oder man kann sich die Dateien herunterladen zur späteren Wiedergabe am Computer oder auf mobilen Geräten. Eine weitere wichtige Verbreitungsmöglichkeit sind natürlich auch Podcasts (siehe benutzerfreun.de-Newsletter 11/2006). Auch immer häufiger kann man Informationen wie Wetterberichte, Verkehrsnachrichten oder Urlaubsinformationen per Handy abrufen.

Wie setzt man Audio ein?

Websites, die beim Aufruf ungefragt losdüdeln, können Benutzer verärgern. In jedem größeren Büro heben die Kollegen ihre Augenbrauen, wenn während der Arbeitszeit plötzlich Musik oder Sprechertext vom Nachbarschreibtisch tönt.

Auch eine vermeintlich sanfte Hintergrundmusik kann bei falscher Lautsprechereinstellung ganz schön scheppern – oder bei längerem Besuch der Site extrem auf die Nerven fallen.

Zudem ist es gar nicht so einfach, den Musikgeschmack einer breiteren Zielgruppe zu treffen oder einen Sprecher zu finden, dessen Tonfall bei allen ankommt. Abzuraten ist auch von „Audiologos“, Jingles oder Begrüßungstexten, die keine Inhalte transportieren.

Wenn Sie Audio einsetzen achten Sie vor allem auf Folgendes:

  • Starten Sie die Wiedergabe nur auf Klick des Benutzers.
  • Sehen Sie eine offensichtliche Möglichkeit vor, die Wiedergabe zu stoppen.
  • Verzichten Sie auf musikalische Hintergrunduntermalung. Ausnahme: Diashows oder Ähnliches.
  • Denken Sie daran, dass nicht jeder Nutzer Sound abspielen kann. Bei manchem fehlt einfach nur der Lautsprecher, bei anderen ist die Wiedergabe nicht richtig konfiguriert oder es fehlt ein möglicherweise notwendiges Plug-In. Testen Sie in jedem Fall auf vielen Computern und sehen Sie immer einen alternativen Zugang zu wichtigen Informationen vor. Auch wer nur die Lautstärke heruntergedreht hat, braucht einen visuellen Hinweis, dass gerade Informationen über Audio vermittelt werden.

Noch ein Wort zur Vorsicht auch bei der Verwendung von Musik generell: Sie brauchen in jedem Fall die Nutzungsrechte an dem Stück und müssen fast immer Gema-Gebühren dafür bezahlen. Erkundigen Sie sich in jedem Fall vor der Verwendung, sonst kann es teuer werden.

Audio im Web – Technik

Die üblichste und bequemste Methode, seine Website zum klingen zu bringen ist Flash. Dieses Plug-In ist sehr weit verbreitet und einen fertigen Player zum Einbauen auf Ihren Seiten bekommen Sie kostenlos von diversen Anbietern. Der Player ist eine SWF-Datei, die Sie in den HTML-Code Ihrer Seite einbinden. Dabei geben Sie die URL der MP3-Datei mit Ihrem Audio an, die der Player dann abspielt. Das Programm Flash brauchen Sie dazu nicht, eben nur das kostenlose Plug-In für die Wiedergabe.

Sehen Sie auf der Webseite immer auch einen Link direkt zur MP3-Datei vor. Dann können die Nutzer sich diese herunterladen. Oder sie können sie mit einem Programm wie Quicktime oder Windows Media Player wiedergeben, falls sie kein Flash-Plug-In installiert haben.

Von anderen Methoden, Audio einzubinden, rate ich ab. Diese machen erfahrungsgemäß mit manchen Browsern oder Plattformen Probleme. Formate wie WAV, AIF oder Real Player haben sich nicht durchgesetzt und sind daher wenig sinnvoll.

Wann setzt man Video ein? – Einsatzszenarien

Für manche Projekte sollten Sie auch an Video denken. Zum Beispiel könnten Sie besondere Ereignisse per Video dokumentieren: die Aktionärsversammlung oder ein vom Unternehmen organisiertes Konzert.

Auch wenn Sie ein Produkt vorstellen wollen oder den Umgang mit einem Programm zeigen wollen, bietet sich Video an. Wenig sinnvoll sind reine Videobotschaften, etwa vom Geschäftsführer. Interviewt diesen dagegen ein Profi und spricht mit ihm über die neuesten Trends auf seinem Fachgebiet, wird es schon spannender.

Überlegen Sie sich ganz genau, ob die Zielgruppe wirklich ein Video sehen will. Und halten Sie es vor allem kurz. Ein Video lässt sich wie schon erwähnt nicht überfliegen – die Verärgerung der Nutzer, wenn ein Video nicht auf den Punkt kommt ist daher noch größer als bei einem Text, der weitschweifig formuliert ist.

Wie setzt man Video ein?

Bedenken Sie, dass die Wiedergabe von Video noch immer bei vielen Benutzern Probleme macht. Oft ist die Internet-Anbindung zu langsam. Sie müssen also bei Video meist verschiedene Qualitäten vorsehen. Etwa für ISDN-Nutzer, die nur eine deutlich geringere Auflösung und Qualität von Video ruckelfrei ansehen können. Und auch für Nutzer, die gar kein Video ansehen können (das sind auch Leute, die aus großen Firmen auf Ihre Site zugreifen – siehe oben).

Außerdem ist Video für Sie selbst mit viel Aufwand verbunden. Wenn Sie denken, mit einer einfachen digitalen Videokamera und einem Videobearbeitungsprogramm sei es getan, liegen Sie falsch. Die Ergebnisse mit Amateur-Ausstattung und -Erfahrung sehen immer peinlich aus. Überzeugen Sie unbedingt auch Ihren Auftraggeber davon, wenn er mit solchen Anregungen zu Ihnen kommt. Das ist ungefähr so, als würde der Vorstandsassistent mit Word die Homepage des Unternehmens erstellen.

Hinzu kommt, dass Sie für Video auch ziemlich hochgerüstete Server und eine sehr schnelle Anbindung ans Internet brauchen. Unterschätzen Sie auch nicht die Traffikkosten, wenn Ihr Video Erfolg hat. Das Datenvolumen hierbei kann auch bei den stark gefallenen Hostingpreisen heute noch ganz schön zu Buche schlagen.

Video kommt also nur für echte Profi-Websites in Frage – und mit Profis sollten Sie zusammenarbeiten, wenn Sie Video einsetzen möchten.

Video im Web – Technik

Auch für Video ist es heute das Bequemste, auf Flash zurückzugreifen. Das FLV-Format bietet in der aktuellen Version hohe Qualität bei erträglichen Dateigrößen. Denken Sie aber unbedingt daran, Ihre Videos auch bei langsamen Internet-Anbindungen zu testen, damit die Benutzer nicht entnervt das Warten aufgeben, die nicht so schnelle Leitungen haben wie Sie.

Für die Herstellung von FLV-Dateien brauchen Sie nicht unbedingt Flash, es gibt etliche Codierungsprogramme, die dieses Format exportieren. Wie MP3-Dateien werden die FLV-Dateien in einen SWF-Player eingebunden, mit dem der Benutzer die Wiedergabe steuern kann.

Auch bei Video bieten Sie am besten eine Version zum Download bzw. zum Abspielen ohne Flash-Plug-In an. Leider ist das FLV-Format dazu nicht geeignet, weil es die meisten Videoplayer nicht wiedergeben können. Nutzen Sie daher MOV, MP4 oder evtl. AVI.

Achten Sie dabei auf die richtigen Codecs. Nur weil das Video bei Ihnen läuft, heißt das noch lange nicht, dass es auch bei allen Nutzern mit den vielen verschiedenen Betriebssystemen in vielen verschiedenen Versionen auch läuft. Umfangreiche Teste mit verschiedenen Geräten sind hier unerlässlich.
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(c) Jens Jacobsen 2008

Bei Weiterleitung oder Zitat bitte Quellenangabe („Quelle:
benutzerfreun.de-Newsletter Oktober 2008“).

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