Entscheider & Entwickler für UX begeistern – Newsletter 12/2019

Kaum eine Website, praktisch keine App und keine Anwendung entsteht heute als Werk einer einzigen Person. Doch je größer das Team, und je größer das Unternehmen, desto geringer manchmal die Bedeutung, die Usability und User Experience beigemessen werden.

Und auch wenn Sie selbst aus einem anderen Bereich kommen, etwa aus der Entwicklung/Programmierung oder aus dem Business oder Marketing, sind Sie vielleicht froh um eine kurze Zusammenfassung de wichtigsten Punkte aus Außensicht für Einsteiger in die breite Thematik.

Dazu habe ich gerade zwei Videotrainings fertiggestellt – die müssen Sie aber nicht ansehen, hier im Newsletter gebe ich Ihnen die wichtigsten Ansätze mit. Und auch Ideen, wie Sie Kollegen oder Chefs das Thema näherbringen können, wenn Sie selbst schon fit in UX sind.

Fangen wir mit den Argumenten für BWLer, Volkswirte und andere Wirtschaftsexperten an:

UX für Business-Entscheider

Ob Geschäftsführer eines Start-ups, Vorstand in einem Weltkonzern oder Product Owner bei einem Mittelständler: Allen diesen Menschen können die Methoden der UX sehr viel weiterhelfen. Letztlich können sie dank dieser der digitalen Disruption gelassen gegenüber stehen – oder mit diesen sogar selbst zur Disruption finden.

Die Disruption ist deshalb so ein starkes Argument für wirtschaftlich Denkende, weil sie Angst macht oder Begehrlichkeiten weckt. Angst davor, dass Google, Tesla oder eine kleine Studentenbude von nebenan ihnen als etablierte Unternehmen innerhalb weniger Jahre die Butter vom Brot nimmt.

Begehrlichkeiten, weil die Meinung verbreitet ist, man könne mit der richtigen Idee spielend Geschäftsfelder erobern, die seit Jahrzehnten von etablierten Konkurrenten beherrscht werden.

Das klingt einerseits vollkommen unrealistisch. Aber andererseits gibt es genug Beispiele, dass das nicht unmöglich ist. Das Interessante daran: Alle Firmen, denen eine Disruption gelungen ist, haben UX und den Nutzer/Kunden von Anfang an in den Mittelpunkt der Entwicklung gestellt.

Diagramm Überschneidung UX, Technik & Business
Erfolgreiche Produkte berücksichtigen Business, Technik und UX.

Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass UX im Unternehmen genauso wichtig ist wie die Bereiche Business oder Betriebswirtschaft und Technik.

Ich muss alle Bereiche ansehen:

  • Das Business – ein Produkt muss profitabel sein.
  • Die Technik – ein Produkt muss umsetzbar sein.
  • Und die UX – ein Produkt muss nützlich sein, nutzbar und begeisternd.

Berücksichtige ich nur Business und UX, ist es nicht umsetzbar.

Berücksichtige ich nur UX und Technik, ist es nicht profitabel.

Berücksichtige ich nur Business und Technik, ist es profitabel und umsetzbar – aber es will keiner haben.

Nur wenn ich alle 3 Aspekte berücksichtige, dann entwickle ich erfolgreiche Produkte.

UX führt zum Erfolg.

Mit den Methoden des User Experience Designs machen Sie ein gutes Produkt zu einem, das begeistert. Nach einer Studie von Forrester Research bringt jeder Dollar, den Sie in UX investieren, 100 Dollar ein. Das Design Management Institute hat die Unternehmen des Standard & Poor’s 500-Aktienindex untersucht. Das Ergebnis: Unternehmen, die Design-Methoden einsetzen, sind viel erfolgreicher – wie etwa Apple, Coca-Cola oder IBM. Solche Unternehmen performen 228% besser als die anderen Unternehmen im Index.

Das sind Argumente, mit denen Sie Business-Entscheider für UX interessieren. Und wenn Sie ihnen erzählen, dass man den Erfolg von UX auch messen kann, setzen Sie dem noch eins drauf.

Nun zu den Argumenten für Entwickler:

UX für Entwickler/Programmierer

Warum benutzt niemand mehr SMS, sondern jeder WhatsApp, Telegram oder Wire? Natürlich weil es billiger ist. Aber auch, weil die Messenger-Apps ein viel besseres Nutzungserlebnis bieten.

Warum sind AirBnB und Uber so erfolgreich? Nicht einfach, weil sie digital sind. Weil sie die Möglichkeiten nutzen, die digital bietet und einen Bedarf für die Nutzer decken, der vorher anderweitig gedeckt wurde.

Bei allen diesen Beispielen gilt: Wenn Sie Nutzer gefragt hätten, ob Sie eine SMS-Alternative brauchen, ob sie bei einem System zur Vermittlung von Privatzimmern mitmachen wollen oder ob sie private Taxis gut finden – kaum einer hätte da begeistert „ja“ gerufen. Auf solche neuen Ideen kommen Sie mit Hilfe der Methoden der UX.

Bei der UX geht es natürlich auch darum, dass die Nutzer Anwendungen ohne Probleme bedienen können. Aber vor allem geht es darum, dass ihnen die Bedienung Spaß macht, sie ihnen das Leben erleichtert. Das sind die zentralen Punkte – nicht die ansprechende Gestaltung, das „Hübsch-Machen“. Das Hübsch-Machen ist zwar auch wichtig, kommt aber ganz zum Schluss. Die Kommandozeile hat für fast alle Entwickler eine gute UX, obwohl sie gar keine grafische Oberfläche hat. Gute UX geht also auch ohne hübsch.

Design ist nicht Dekoration.

Warum sollte man sich als Entwickler sich zusätzlich zu den vielen Aufgaben auch um die UX kümmern? Weil es Spaß macht. Sind keine UX-Kollegen im Team, dann ist der Entwickler der Richtige, das Thema voranzutreiben. Gibt es UX-Kollegen, ist es trotzdem sehr lohnend, sich mit dem Thema zu befassen. Denn die Zusammenarbeit ist dann leichter und das Ergebnis besser.

Wenn ich als Entwickler mit daran arbeite, dass unser Produkt eine gute UX hat, dann stehe auch ich besser da. Denn Produkte mit guter UX sind erfolgreicher, haben mehr Nutzer, weniger Support-Aufwand, bessere Verkaufszahlen und werden besser bewertet – von Nutzerinnen, Reviewern, aber auch von Chefinnen und Kollegen aus der Branche. Gute UX führt also zu weniger Arbeit für mich als Entwickler, zu einer besseren Stimmung im Team, zu einem erfolgreicheren Unternehmen – und natürlich zu einem glücklichen Nutzer.

Weniger Stress dank UX

Außerdem führt etwas UX-Wissen bei Entwicklern dazu, dass diese sich viel Arbeit und Stress sparen. Denn je später im Projekt die UX-Probleme erkannt werden, desto stressiger fürs ganze Team. Ein wichtiger Erfolgsfaktor der agilen Entwicklung ist ja, dass am Ende jedes Sprints getestet wird. Warum sollte man das auf funktionale Tests beschränken? Tests mit Nutzern sind genauso wertvoll. Diese bieten die Chance, früh gegenzusteuern. Sonst haben wir das Wasserfall-Problem: Erst ganz am Ende der Entwicklung stellen wir fest, dass etwas Grundlegendes schief gelaufen ist und wir müssen in Teilen von vorn anfangen.

UX hilft auch, Feature-Vorschläge oder -Anforderungen der Nutzer bzw. Stakeholder zu priorisieren. Wenn Sie z.B. wichtige Kunden haben, die Support oder Sales mit Wünschen bombardieren, was die Anwendung unbedingt noch können sollte, dann können Sie User Research nutzen, um die Ideen zu identifizieren, die tatsächlich den Nutzern das Leben leichter machen. Und welche letztlich tatsächlich zu mehr Umsatz führen, und nicht nur zu einer komplexeren Anwendung.

Und schließlich testen Nutzerforscher Umsetzungsideen frühzeitig. Sie können also prüfen, ob eine Geschäftsidee erfolgversprechend ist, ohne viel Geld in die Entwicklung zu investieren.

Weniger Streit dank UX

Und ein letztes Argument: UX-Methoden fördern die Kommunikation und schlichten Streits. Sie kennen solche Diskussionen: Es wird ein Entwurf für die umgestaltete Website oder die neue App präsentiert. Die Chefs streiten: „Nein, das Grün gefällt mir nicht!“ „Aber Blau geht gar nicht. Mein Mann gehört zur Zielgruppe, und dem gefällt Blau überhaupt nicht!“ „Nein, der Nutzer ist verwirrt, wenn wir hier Blau nehmen und da Grün!“

Solche Diskussionen führen nicht weiter. Denn auch wenn der ein oder andere „den Nutzer“ oder „die Zielgruppe“ anführt – letztlich sind das alles nur Meinungen. UX-Experten interessieren sich weniger für Meinungen, sie interessieren sich vor allem für Fakten. Und die ermitteln sie mit wissenschaftlichen Methoden. Dabei bleiben sie immer pragmatisch: Es geht nicht um Grundlagenforschung, es geht um praktisch verwertbare Erkenntnisse, die zu besseren Ergebnissen führen. Und die Streits wie den eben geschilderten schlichten.

Fazit: UX-Wissen macht allen im Team das Leben leichter

Wenn Sie Kollegen oder Chefs für das Thema User Experience begeistern wollen, macht das auch Ihr Leben leichter. Hier also die Links zu den Videotrainings – beide sind knapp 1 Stunde lang und können mit der kostenlosen 30-Tage LinkedIn-Learning-Probemitgliedschaft ansehen werden:

Wie Entwickler von UX profitieren

Lernen Sie, was hinter dem Hype von UX steckt & wie Sie als Entwickler profitieren. Sie können mit dem Gelernten auch direkt einsteigen: Setzen Sie selbst die UX-Brille auf und nehmen Sie mit einfachen Methoden die UX Ihrer Anwendungen selbst in die Hand.

Cover Wie Entwickler von UX profitieren

Grundlagen der User Experience: Nutzen, Fakten, Vorgehensweise

UX-Design ist konzeptionelle Arbeit, die Ihr Unternehmen zu größerem Erfolg verhilft. Lernen Sie mit den Methoden der UX die Kundenbedürfnisse ins Zentrum zu stellen und so der digitalen Disruption gelassen gegenüberzustehen.

Grundlagen der User Experience Cover

Haben Sie noch weitere Tipps, um von UX zu überzeugen? Ich freue mich über alle Kommentare, Links und Hinweise im Blog:

2 Gedanken zu „Entscheider & Entwickler für UX begeistern – Newsletter 12/2019“

  1. Aktuell schreibe ich meine Bachelorarbeit zum Thema User Experience im E-Learning Bereich. Ihr Buch „Praxisbuch Usability und UX“ nutze ich u.a. als Literatur für den Aufbau. Gute, deutschsprachige Literatur zu diesem Thema ist, meiner Meinung nach, sehr schwer zu finden. Vielleicht ist das Thema immer noch nicht zu 100% angekommen?

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    • Es freut mich, dass das Buch auch fürs wissenschaftliche Arbeiten eingesetzt wird. Und ja, auch aus meiner Sicht ist das Thema noch nicht bei allen angekommen. In vielen Unternehmen, die die digitale Transformation angegangen sind, ist definitiv angekommen, aber in einigen anderen gibt es hier noch viel Nachholbedarf. Es gibt weiter viel zu tun für Sie und uns. Gutes Gelingen!

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