Und hier das nächste Interview mit einem der Experten, die mir für die neue 8. Auflage der Website-Konzeption Rede und Antwort gestanden haben. Heute: Stefan Griessmann, Leitung Digitales Produktmanagement Springer Fachmedien München GmbH
Frage Jens Jacobsen: Was war die erste Website, bei der du an der Konzeption beteiligt warst?
Antwort Stefan Griessmann: Das müsste 2003 gewesen sein, das war eine Vereinssite, wo es darum ging, Infos für die Ehrenamtlichen bei einem Schüleraustauschprogramm bereitzustellen.
Hat sich seitdem an der Herangehensweise an die Konzeption etwas geändert?
Grundsätzlich nein, aber der Fragenkatalog ist viel größer geworden, im digitalen Leben hängt heute alles zusammen. Es geht nicht mehr darum, wo tritt eine Information auf, das ist nicht nur an einer Stelle, sondern es geht darum, wo die Information noch alles hingehört, an welchen Stellen, auf welchen anderen Sites brauchen wir die noch. Man macht sich nicht mehr nur über eine Website Gedanken, sondern gleich um das ganze digitale Universum.
Aber zu fragen, was will der Nutzer und wie kann man ihm etwas Nutzwertiges an die Hand geben, das ist gleich geblieben.
Bei uns im Haus kann man aber nicht mehr von reinen Webprojekten sprechen. Die Web-Oberfläche ist das eine, es sind aber immer auch Softwareprojekte, mit der ganzen Serverinfrastruktur und den Datenbanken, die da dranhängen. Deshalb gucken wir mehr Richtung Requirement Engineering, agiles Arbeiten, und suchen hier nach einem Ansatz, der mehr aus der Softwareentwicklung kommt.
Wie bringt ihr bei euren Projekten agiles Arbeiten und Nutzerzentriertheit/UX zusammen?
Dieses Arbeiten ist anstrengender und verlangt mehr Disziplin von den Projektbeteiligten. Agiles Vorgehen bedeutet nicht unbedingt, dass es schneller geht oder einfacher ist oder weniger kostet. Aber es bedeutet ein besseres Ergebnis.
Was ist der größte Fehler, wenn man agil arbeitet?
Dass die Methodiken falsch angewandt werden. Bei vielen Projektbeteiligten ist das Wissen darüber und über die Begrifflichkeiten nicht vorhanden. Daher ist es bei uns eine Mischung. In bestimmten Phasen des Projekts gelingt es uns, das agil zu leben und dadurch unsere Projekte auch besser zu managen. Man kann aber nicht von jedem Stakeholder erwarten, dass man ihm sagen kann, er soll mal eine User Story herunterschreiben.
Der größte Fehler ist, so zu tun als arbeitet man agil und dann macht man es nicht richtig. Das bringt dann nur Verwirrung rein und die Dinge dauern länger.
Was bringt das agile Arbeiten?
Höhere Qualität und mehr Nutzerzentriertheit. Agile ist einfach State-of-the-art. Wenn wir so arbeiten, damit gebe ich auch meinem Team aktuelles Wissen an die Hand, mit dem sie ihre Projekte managen können. Mit dem Effekt, dass sie Kompetenz ausstrahlen, dass sie Qualität in ihre Projekte reinbringen, dass sie die richtigen Fragen stellen können.
Damit gelingt es uns, Zielvorgaben besser einzuhalten oder auch realistische Erwartungshaltungen zu wecken.
Wie ändert sich die Website-Konzeption im nächsten Jahr?
Die Schlagzahl nimmt weiter zu, die Geräte und die Nutzungsgewohnheiten ändern sich laufend, da müssen wir uns ständig anpassen. Die Erwartungshaltung des Nutzers wird immer höher, dass er den für ihn wichtigen Content passend aufbereitet für sein Gerät bekommt – ob für Smartphone, für augmented, mit was für einer Oberfläche auch immer. Die Nutzer sind immer weniger bereit, nicht gut aufbereitete Inhalte zu akzeptieren. Das ist ein sehr kostenintensives Thema, ein Kostentreiber in jedem Projekt.
Und für 2025, wie siehst du da die Zukunft der Konzeption?
Ich würde mir wünschen, dass die Werkzeuge besser werden, dass sich Standards besser durchziehen wie HTML5 auf den verschiedenen Geräten.
Was ich außerdem glaube ist, dass die Konzeption einen immer größeren Anteil an den Kosten haben wird. Die Entwicklung von Oberflächen, die Sicherstellung von Usability, das hat einen steigenden Kostenanteil. Da würde ich mir aus Produktentwicklungssicht wünschen, dass unser Leben einfacher wird, die vielen unterschiedlichen Kanäle zu bedienen.
Und ich bin gespannt, wie Trends, die aus Computerspielen hereinkommen, unsere Arbeit beeinflussen werden. Also VR, Audiosteuerung und so weiter. Wie das die Informationsaufbereitung und -aufnahme verändert wird, das wird ein ganz wichtiges Thema.