Das Thema Recht begleitet uns auf Schritt und Klick, wenn wir Inhalte ins Web stellen. Noch wichtiger wird es, wenn wir dort Dinge verkaufen. Daher freue ich mich sehr, dass mein geschätzter LinkedIn-Learning-Kollege Michael Rohrlich mir ein Interview zu dem Thema gegeben hat. Michael ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt E-Commerce, Datenschutz & IT. Er hat selbst mehrere Bücher zu Webshops und Recht geschrieben sowie etliche Videotrainings bei LinkedIn Learning zum Thema veröffentlicht. Mehr zu ihm bei: www.ra-rohrlich.de
Dieses Interview habe ich für mein Buch Der eigene Webshop mit Shopify geführt. (Wie auch die Interviews mit zwei Shopbetreiberinnen, die sich gegen Shopify entschieden haben und das mit den sympathischen Spaniern von Indigraph, die Shopify-Fans sind.)
Jetzt aber Bühne frei für Michael Rohrlich, der hier einige hilfreiche Tipps für alle gibt, die Webshops betreiben – die aber generell für alle interessant sind, die im Web aktiv sind:
Jens Jacobsen: Was ist der schwerste juristische Fehler, den man als frisch gebackener Shop-Betreiber machen kann?
Michael Rohrlich: Das ist schwer zu sagen, weil das Feld des E-Commerce-Rechts sehr umfangreich und auch sehr dynamisch ist. Das heißt, es ändert sich regelmäßig irgendwas, worauf man als Shop-Betreiber dann reagieren muss. Nahezu alle Fehler, sei es eine fehlende Telefonnummer im Impressum oder eine unvollständige Widerrufsbelehrung, können online rund um die Uhr gut nachvollzogen und auch protokolliert werden. Der schwerste Fehler ist sicher, sich gar nicht oder nur unzureichend um die juristischen Aspekte des eigenen Shops zu kümmern. Es braucht vielmehr eine einmalige Detailprüfung, idealerweise vor dem Start des Shops. Und im Nachgang regelmäßige Prüfungen, um auf rechtliche Änderungen schnell reagieren zu können.
Jens: Was ist ein typisches Missverständnis, was viele Shop-Betreiber haben, die zu dir kommen?
Michael: Manche gehen davon aus, dass sich eine juristische Prüfung mal „so eben schnell“ durchführen lässt. Gerade zu Beginn der Corona-Zeit, im Lockdown ab März 2020, haben viele Händler versucht, kurzfristig in den E-Commerce einzusteigen, einfach weil sie in der Zeit keine Alternativen hatten. Da kam es schonmal vor, dass mich donnerstags ein Anruf erreichte, dass man für Samstag den Start des eigenen Webshops plane und ich bis das dahin „ja sicherlich mal eben prüfen“ könne. Das kann theoretisch klappen, ist in der Praxis aber sehr unrealistisch. Ich muss den Shop prüfen, der Betreiber und / oder ein externer Programmierer muss das Ganze dann umsetzen, es sollte eine Testbestellung und letztlich auch noch eine Abschlusskontrolle erfolgen. Das alles braucht seine Zeit, wenn es vernünftig werden soll.
Jens: Wer kommt überhaupt zu dir mit Fragen zum Web-Shop?
Michael: Das ist sehr unterschiedlich. Meine Mandanten sitzen hauptsächlich in Deutschland, ich habe aber auch mehrere aus Österreich und aus der Schweiz. Vertreten sind alle Branchen, Unternehmensformen und -größen. Vom selbständigen Unternehmensberater über einen kleinen Einzelhändler und einer Ski-Schule bis hin zu größeren, international aufgestellten Unternehmen. Mein Schwerpunkt liegt jedoch in der Beratung von Unternehmen aus dem KMU-Bereich.
Jens: Wann sollte ich zu dir kommen statt einfach für 10 Euro im Monat zu Händlerbund oder Protected Shops zu gehen?
Michael: Anbieter wie Händlerbund, Protected Shops oder auch Trusted Shops, bieten sehr spannende Dienstleistungen, die Shop-Betreibern für relativ kleines Geld wertvolle Hilfestellungen bieten können. Allerdings darf man hierbei nicht vergessen, dass solche Geschäftsmodelle zu den angebotenen Preisen nur dann wirklich funktionieren, wenn sie „auf Masse“ angelegt sind, das heißt, sie sind größtenteils automatisiert. Ich weiß nicht, ob bei einer solchen Vorgehensweise „nur“ die typischen Rechtstexte, wie AGB, Datenschutzerklärung, Impressum, Widerrufsbelehrung etc., behandelt werden oder ob tatsächlich der gesamte Shop betrachtet wird, so dass also zum Beispiel auch Fehler bei einzelnen Produktkennzeichnungen oder Preisangaben auffallen. Wer keinen AGB-Generator oder keine Impressum-Schnittstelle, sondern eine individuelle Betreuung in Form einer konkret auf ihn zugeschnittenen Rechtsberatung haben möchte, beauftragt dann vermutlich eher einen entsprechend spezialisierten Anwalt.
Jens: Wenn ich meine kompletten Rechtstexte von dir habe durchsehen lassen, wie oft muss ich dann von dir checken lassen, ob das noch alles OK ist oder ob sich rechtlich was geändert hat?
Michael: Auch das ist nicht pauschal zu sagen. Es kommt darauf an, in welcher Branche man tätig ist bzw. welche Produkte man vertreibt. Es ist zum Beispiel ein Unterschied, ob man Medikamente, Alkohol, Software oder Fernseher im Sortiment hat. Ich empfehle für alle Shop-Betreiber unabhängig vom jeweiligen Produktangebot aber zumindest eine Update-Prüfung pro Jahr, in vielen Fällen ist aber eine quartalsweise Prüfung sinnvoller. Es sind zwar nicht immer unbedingt die großen Gesetzesänderungen, wie beispielsweise 2014 mit der Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) oder im Mai 2018 mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Aber auch einzelne Gerichtsentscheidungen können Shop-Betreiber zum Handeln zwingen.
Jens: Reizt es dich selbst, einen Webshop zu eröffnen? Wenn ja, was würdest du verkaufen?
Michael: Ich hatte vor einigen Jahren mal darüber nachgedacht, ein kleines, spezialisiertes Modell im Stil von Trusted Shops umzusetzen, also standardisierte Rechtsberatungspakete anzubieten. Davon habe ich dann aber wieder Abstand genommen. Denn das, was meine Mandanten erwarten, nämlich eine effiziente, individuelle, praxisnahe Beratung und Vertretung, lässt sich meiner Meinung nach nicht so gut in einen Automatismus packen. Ich kann und will nicht einer von mehreren „Massenanbietern“ in diesem Bereich werden. Ich biete zwar auch bestimmte Beratungspakete an, wie z.B. eine Shop-Prüfung oder eine „DSGVO-Umsetzungshilfe“, die sind aber im Leistungsumfang und von der Kostenseite her stets individuell auf den jeweiligen Mandanten zugeschnitten.