Newsletter 08/2006 – Zum Benutzer freundlich sein

Dass Benutzerfreundlichkeit nicht die Freundlichkeit der Benutzer, sondern die zu den Benutzern ist, muss man niemandem erklären. Natürlich müsste es korrekt „Benutzungsfreundlichkeit“ heißen. Doch der Begriff Benutzerfreundlichkeit ist bereits etabliert, analog zur Kinderfreundlichkeit – und er ist auch schöner als das Wort mit „ung“. Da Sprache nie durchgängig logisch ist, muss man sich oft mit Dingen abfinden, die nicht perfekt sind, so viele Rechtschreibreformen man auch durchführt. Der Diamantendieb raubt Diamanten, doch der Meisterdieb wohl keine Meister…

Glücklicherweise setzt die Benutzerfreundlichkeit sich jedenfalls immer weiter durch, doch auch benutzerfreundliche Anwendungen sind nicht unbedingt freundlich zu ihren Benutzern.

Das scheint paradox? Das liegt aber nur am Begriff. Denn wir können nicht nur freundlich zu unseren Benutzern sein, indem wir Anwendungen schaffen, die leicht zu benutzen sind. Wollen wir Erfolg haben, sollten wir zudem auch höflich und zuvorkommend sein.

Die freundliche Suchfunktion

Nehmen Sie einen Webshop, bei dem Sie nach „Reisetashen“ suchen und die Meldung erhalten: „Fehler: Es wurden keine Treffer gefunden.“ Optimal wäre natürlich, wenn die Suchmaschine den Tippfehler erkennen würde und Sie zu den „Reisetaschen“ leiten könnte. Doch auch wer keine so ausgefeilte Suchmaschine einsetzen kann, sollte darauf achten, eine Fehlermeldung zu formulieren, die nicht nur weiterhilft, sondern auch zur weiteren Suche ermutigt.

Das heißt, achten Sie auf zwei Aspekte:

Die klassische Benutzerfreundlichkeit, d.h. erklären Sie, dass nichts gefunden wurde und bieten Sie Hilfe an, indem Sie z.B. anregen, einen anderen Suchbegriff zu verwenden. Oder geben Sie Kontaktmöglichkeiten zum Kundendienst an.

Die klassische Freundlichkeit, d.h. formulieren Sie freundlich und verbindlich. „Ergebnisse 0. Anzeige von Treffern 0 von 0“ ist zwar korrekt, und für die meisten Menschen auch verständlich, aber ernüchternd. Besser wäre etwas wie „Leider haben wir zu Ihrem Suchwort nichts gefunden. Probieren Sie doch ein anderes Suchwort oder kontaktieren Sie uns, wir helfen Ihnen gerne weiter.“ Es sollten dann gleich darunter ein leeres Sucheingabe-Feld sowie ein direkter Link zu den Kontaktdaten folgen.

Der Hinweis darauf, die Schreibweise des Begriffs zu prüfen, wenn nichts gefunden wurde, findet sich auf etlichen Trefferseiten von Suchmaschinen. Einerseits ist das gut, weil Tippfehler eine übliche Fehlerquelle sind. Andererseits muss man seine (potenziellen) Kunden aber nicht mit der Nase auf ihre Fehler stoßen. Ist die Trefferseite benutzerfreundlich gestaltet, findet sich der eingegebene Suchbegriff ohnehin darauf, und der Nutzer hat die Chance, den Fehler selbst zu entdecken. Und die Benutzer, die sich nicht vertippt haben, fühlen sich nicht zu unrecht kritisiert.

Hilfreiche Fehlerseiten (Error 404)

Zu jeder professionellen Website gehört eine angepasste Fehlerseite, die zu sehen ist, wenn der  Benutzer eine URL eingibt, die es nicht gibt. Der Webserver liefert standardmäßig seine „Error 404“-Seite aus, doch diese ist oft abschreckend technisch und außerdem nicht an die Gestaltung der übrigen Seiten angepasst.

Auch bei einfachen Webhosting-Paketen können Sie Ihre eigene Fehlerseite erstellen. Ein Textvorschlag:

Seite nicht gefunden (Fehler 404)
Leider gibt es die von Ihnen angeforderte Seite nicht. Vielleicht ist die Adresse der Seite nicht richtig geschrieben, oder eine Suchmaschine hat Sie zu einer veralteten Seite geschickt.
Versuchen Sie Folgendes:
<Suchbox mit „Suchen“-Button>
>>  zur Sitemap
>>  zur Startseite
Falls Sie dennoch Probleme haben sollten, schreiben Sie uns: support@ihrserver.de!

Bauen Sie den Benutzern, die auf dieser Seite landen eine goldene Brücke. Es kann die erste Seite Ihre Website sein, die sie sehen. Wenn Sie hier nicht freundlich zu den Benutzern sind, sind sie schnell wieder weg.

Höfliche Startseiten

Kommen die Benutzer über Ihre Startseite, liegt es nahe, sie erst einmal höflich zu begrüßen. Dennoch ist es nicht sinnvoll etwas zu schreiben wie „Willkommen auf der Website von XY. Wir freuen uns, dass Sie zu uns kommen und bieten Ihnen hier…“. Das ist verschenkter Platz und wird von vielen auch als aufdringlich und geschwätzig empfunden. Die erste Seite ist die Startseite, nicht die Begrüßungsseite. Die Benutzer wollen damit starten, das zu tun, weshalb sie auf die Site gekommen sind.

Bleiben Sie hier also lieber sachlich. Machen Sie klar, was man auf Ihrer Website tun kann, und wie das geht. Höflichkeit ist wichtig, aber an der falschen Stelle bewirken freundliche Worte mitunter das Gegenteil des Gewünschten.

E-Mail-Etikette

Beachten Sie die üblichen Regeln für E-Mail (s. Benutzerfreun.de-Newsletter vom Oktober 2002).

Verwenden Sie eine passende Anrede. Üblich ist „Guten Tag“. „Sehr geehrte/r“ wirkt inzwischen recht formell, „Hallo“ sehr salopp. Passen Sie sich mit der Anrede Ihrer Zielgruppe an. Sprechen Sie den Adressaten am besten auch mit Namen an und achten Sie unbedingt auf die richtige Schreibweise!
Kommen Sie schnell auf den Punkt, sonst wird Ihre Mail schnell gelöscht. Sie müssen eine Gratwanderung schaffen: so freundlich wie möglich, ohne aufdringlich zu wirken und so sachlich wie nötig, ohne steif zu wirken.

Korrekt und benutzerfreundlich ist:

Sehr geehrter Herr König, Ihre Bestellung haben wir erhalten und werden sie schnellstmöglich bearbeiten. Voraussichtlich werden wir in drei Tagen die Ware verschicken. Mit freundlichen Grüßen, IhreFirma GmbH

Dieser Text enthält alle Informationen. Der Empfänger wird das mit einem Kopfnicken registrieren.

Nur wenig länger ist diese Mail:

Guten Tag, Herr König, vielen Dank für Ihre Bestellung. Voraussichtlich in drei Tagen können wir die Ware verschicken, erfahrungsgemäß halten Sie diese einen Tag später bereits in Händen. Bei Fragen stehen wir gern zur Verfügung. Viele Grüße von Peter Schilling, Kundenservice IhreFirma GmbH

Dieser Text bestärkt den Empfänger, dass es richtig war, bei Ihnen etwas zu bestellen. Die Mail ist nicht nur sachlich korrekt, sondern auch höflich und zuvorkommend. Natürlich darf man nicht übertreiben. Folgender Text wirkt aufdringlich:

Guten Tag, Herr König, wir freuen uns sehr, dass Sie bei uns bestellt haben. Wir beeilen uns, Ihre Bestellung zu bearbeiten und sind glücklich, Ihnen mitteilen zu können, dass die Ware in drei Tagen unser Lager verlassen wird. Wir hoffen, Sie sind zufrieden mit unserem Service und würden uns sehr glücklich schätzen, wenn Sie uns bald wieder beehren. Mit freundlichen Grüßen Ihr Peter Schilling, Kundenservice IhreFirma GmbH

Wie so oft gilt: finden Sie das richtige Maß. Das gelingt Ihnen am besten, wenn Sie immer an die Menschen aus Ihrer Zielgruppe denken und für diese schreiben. Im Zweifelsfall sollten Sie auch hier Tests mit echten Benutzern vornehmen, um zu erfahren, was diese als benutzerfreundlich und als höflich empfinden.
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(c) Jens Jacobsen 2006

Bei Weiterleitung oder Zitat bitte Quellenangabe („Quelle:
benutzerfreun.de-Newsletter August 2006“).

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