Newsletter 01/2007 – Verkauf fördern (nicht nur) durch Usability

Ein Webshop muss nicht gut aussehen. Amazon, eine der umsatzstärksten Websites weltweit wird nie einen Design-Preis abräumen. Ebenso wenig die sehr erfolgreiche Site Tchibo oder der iTunes Music Store.

Deren Erfolgsgeheimnis ist nicht perfekte Gestaltung, sondern perfektes Eingehen auf die Kundenbedürfnisse. Denken Sie als häufiger Leser des benutzerfreun.de-Newsletters „klar, jetzt will er wieder auf die Usability hinaus“, haben Sie ausnahmsweise nur teilweise Recht. Klar, hohe Usability bringt hohe Verkäufe. Aber bei Webshops spielen viele Punkte eine große Rolle, die auf anderen Sites weniger wichtig sind oder überhaupt nicht zutreffen.

Erfolgsfaktoren für Webshops

Wenn Sie etwas über Ihre Website verkaufen wollen, legen Sie die Site wie einen Supermarkt an: Alle Produkte sind dort nach den Regeln der Verkaufspsychologie angeordnet und ausgestellt. Obst und Gemüse stehen gleich am Eingang, wenn man noch die besten Vorsätze für eine gesunde Ernährung hat. Es folgen Brot, Milchprodukte und Mehl, Nudeln und Konserven. Schließlich geht es zu den Getränken und dann, ganz am Schluss, kommen Süßigkeiten, Alkohol und Zigaretten. Diese Anordnung findet sich in leichten Abwandlungen in den meisten Supermärkten auf der ganzen Welt. Viele Studien haben unser Einkaufsverhalten durchleuchtet und im Supermarkt ist heute alles so angeordnet, dass wir die maximale Geldmenge dort lassen.

Einige solche Regeln gibt es auch für Einkauf-Sites.

Vertrauen

Anders als bei einem realen Geschäft spielt das Vertrauen bei Webshops die Schlüsselrolle. Auch wenn Sie in einen schummrigen Supermarkt in der Bahnhofsgegend gehen, wissen Sie, dass Sie Ihre Ware bekommen, wenn Sie an der Kasse zahlen. Und Sie können die Ware vor dem Bezahlen beliebig prüfen.

Das gilt für Webshops nicht, daher müssen sie Vertrauen ausstrahlen. Dies geht zum einen mit professionellem Design – das heißt aber nicht, dass es aufregend oder besonders sein muss. Wichtiger ist, dass es den gewünschten Kunden Seriosität vermittelt. Auch ein jugendlicher Skater wird sein Geld nur dort ausgeben, wo er das Gefühl hat, dass er dafür auch die bestellte Ware bekommt. Die Site darf chaotisch gestaltet sein, sie darf aber nicht den Eindruck vermitteln, dass mit Bestellungen und Zahlungen ebenso chaotisch umgegangen wird.

Neben professionellem Design schafft Folgendes Vertrauen:

  • Klare Preisangaben
  • Frühzeitige Auflistung der Bezahlmöglichkeiten
  • Klare Angabe von Porto- und sonstigen evtl. Nebenkosten
  • Klare Rückgabebedingungen
  • Klare Lieferzeit-Angaben
  • Vorstellung der Shop-Betreiber

Der letzte Punkt trifft für große Marken nicht zu. Wer etwa auf die Site von Plus geht, weiß, dass das ein Supermarkt ist. Doch bei kleinen, unbekannten Sites schaffen Sie Vertrauen, wenn Sie Ihrem Shop ein Gesicht geben. Am besten geht das mit Menschen. Stellen Sie den Einkaufsleiter vor. Beschreiben Sie, was ihn mit den Produkten verbindet, wie er zum Shop kam. Ein Versand für Skater- und Snowboard-Artikel zum Beispiel gewinnt enorm an Vertrauen, wenn seine Betreiber ihre Leidenschaft für Sport betonen und erklären, dass sie alle Produkte persönlich testen, bevor sie diese ins Sortiment nehmen.

Letztlich fördern Sie das Vertrauen in Ihren Shop auch, indem Sie die weiteren hier angesprochenen Punkte berücksichtigen.

Originalität – eine starke Marke

Sorgen Sie dafür, dass Ihr Shop unverwechselbar wird. Dazu gehören neben einem einprägsamen Namen auch ein eigenes Design jenseits der Standard-Vorlagen von Dreamweaver oder der Shop-Software. Auch der Tonfall der Texte sollte dazu passen und an Ihrer Zielgruppe ausgerichtet sein.

Gute Produkte

Ein erfolgreicher Shop braucht gute Produkte – das versteht sich fast von selbst. Dennoch lohnt es sich, hier etwas zu Planen. Überlegen Sie nicht nur, was sich gut verkaufen lässt, sondern auch, womit Sie einen hohen Gewinn machen.

In jedem Fall gilt: Denken Sie immer an Ihre Zielgruppe. Was wird sie kaufen? Bei welchen Produkten schlägt ihr Herz höher? Sie können hier auch Usability- bzw. Marktforschungs-Methoden einsetzen, um das zu Testen.

Ansprechende Beschreibungen

Ebenso wichtig wie gute Produkte sind gute Beschreibungen. Wenn der Besucher Ihres Shops nicht merkt, dass Sie tolle Waren anbieten, wird er sie nur kaufen, wenn er diese kennt und wild entschlossen ist, sie zu kaufen.

Sorgen Sie dafür, dass die Besucher Lust auf die Dinge bekommen. Lange Listen mit Funktionen oder Eigenschaften können immer nur ein Zusatz sein, sie sollten nie den Hauptteil der Produktbeschreibung darstellen. Auch sollten sie nie das erste sein, was man von dem Produkt bei Ihnen sieht. Menschen wollen keine Funktionen, sondern Nutzen. Sie interessiert nicht, ob der Mixer 2.000 Watt hat, sondern ob sie damit auch ein ganzes Stück Käse klein bekommen. Sie wollen ein elegantes, beeindruckendes Auto, das schnell beschleunigt. Wie viele PS, Zylinder oder sonstiges dazu nötig sind, interessiert die meisten Menschen erst im zweiten Schritt.
Sehr wichtig sind auch gute Abbildungen. Am besten setzen Sie ein kleines Foto auf die Seite mit der Produktbeschreibung und bieten dann eine Vergrößerung oder besser noch mehrere große Fotos auf einer Zusatzseite an.

Übersichtlichkeit

Im Supermarkt ist die Orientierung einfach. Sorgen Sie dafür, dass man sich in Ihrem Shop ähnlich gut zurecht findet. Dabei helfen eine gute Informations- und Navigations-Architektur.

Wichtig ist, dass Sie alle Produktseiten eines Bereichs gleich aufbauen. Die Navigationselemente, vor allem der Einkaufswagen oder der Bestell-Button sollten immer an der gleichen Stelle sein. Auch die Beschreibung sollte bei allen Sachen gleich gegliedert sein.

Gute Suchfunktion

Sehen Sie mehrere Zugangswege zu den Produkten vor. Für die Kunden, die schon wissen, was sie kaufen wollen, bietet sich eine Suchmaschine an. Für die Kunden, die sich einen Überblick verschaffen wollen, ist ein gut sortierter Katalog der richtige Zugang. Für die Flaneure schließlich können Sie kurze Texte vorsehen, in denen Sie ausgewählte Produkte zusammen mit schönen Fotos vorstellen.

Nachvollziehbare Kategorien

Sortieren Sie die Dinge so, wie es Ihre Besucher erwarten. In den meisten Fällen interessiert weniger, wer der Hersteller ist, als was das Produkt kann. Selbst Markenprodukte wie Unterhaltungselektronik sollten zunächst nach Kategorien sortiert werden, z.B. Kompakt-Stereoanlagen, Verstärker/Receiver, CD-Player, DVD-Player, Harddisk-Recorder etc. Als nächste Unterkategorie bieten sich Preisgruppen an, erst dann werden die Marken relevant.

Hilfe bei der Auswahl

Im Laden steht ein Verkäufer, der den Kunden bei der Auswahl helfen kann. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Besucher sich in Ihrem Shop nicht allein gelassen fühlen. Dabei können Suchfunktionen und gute Kategorien helfen, aber auch z.B. Empfehlungs-Automatiken, die verschiedene Eckpunkte abfragen und eine dazu passende Auswahl aus dem Produktprogramm präsentieren.

Cross-Selling

Eng verwand damit ist das so genannte Cross-Selling. Das bedeutet, Kunden zu einem ausgewählten Produkt weitere, dazu passende anzubieten. Kauft man eine Hose, könnte man vielleicht einen dazu passenden Gürtel brauchen. Kauft man einen DVD-Recorder wären DVD-Rohlinge nicht verkehrt.

Dabei sollte man darauf achten, dass die Empfehlungen tatsächlich passen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Benutzer, die mehrfach Dinge empfohlen bekommen, die sie als unsinnig empfinden, alle weiteren Empfehlungen ignorieren.

Aktualisierungen

Für das Vertrauen ist natürlich wichtig, dass bei Ihren Produkten die richtigen Lieferzeiten angegeben sind und nicht mehr erhältliche Dinge herausgenommen werden. Die Seiten im vorderen Bereich, in denen Sie einzelne Produkte ausstellen wie im Schaufenster, sollten Sie häufiger wechseln. Nicht nur, um andere Dinge zu verkaufen, sondern auch, um den Besuchern das Gefühl zu geben, dass Ihr Webshop regelmäßig gepflegt wird.

Hilfe

Ein echter Pluspunkt für Ihren Shop ist eine Hilfe-Funktion. Manche Sites bieten diese per Telefon, oft sogar mit dem Angebot eines Rückrufs beim Kunden. Andere haben nur E-Mail-Support, manche verzichten ganz darauf. Hintergrund sind natürlich die hohen Kosten, die bei Webshops mit vielen Besuchern durch Beratung und Support entstehen.

Überlegen Sie es sich also ganz genau, ob Sie eine Hilfe anbieten wollen und können. Verzichten Sie lieber darauf, als Ihre Kunden tagelang auf die Antwort einer Anfrage warten zu lassen, schlampig formulierte Antwort-Mails zu verschicken, oder die Kunden in endlosen Telefonwarteschleifen hängen zu lassen.

Austausch, Kommunikation

Die Besuchfrequenz auf Ihren Seiten können Sie steigern, indem Sie Ihren Besuchern die Möglichkeit zum Austausch anbieten. Das kann ein allgemeiner Erfahrungsaustausch sein, die Besprechung von Produkten oder die Möglichkeit, damit zusammen hängende Fragen zu beantworten.

Einer der Gründe für den Erfolg von Amazon waren die Benutzerrezensionen. Durch sie findet sich zu fast jedem Buch ein Kommentar, die es dem Interessenten erleichtert, seine Kaufentscheidung für oder gegen dieses zu treffen.

Bei großen Sortimenten ist es kaum möglich, alle Produkte selbst zu besprechen, daher bietet es sich hier besonders an, die Besucher dies tun zu lassen. Allerdings geben Sie damit die Kontrolle aus der Hand und haben vielleicht auch einige Beschreibungen, deren Tonfall nicht akzeptabel ist. Sie sollten in regelmäßigen Abständen kontrollieren, was Ihre Besucher schreiben. Oder Sie machen es wie Amazon, wo ein Redaktionsteam die Rezensionen vor der Freischaltung gegenliest.

Doch auch Sie selbst können mit den Besuchern in den Dialog treten. Ein thematisch passendes Blog oder Rezensionen von den Mitarbeitern des Shops geben diesem eine persönliche Note, die seine Anziehungskraft deutlich steigern kann.

Guter Service

Guter Service fängt dabei an, Anfragen schnellstmöglich zu beantworten. Schaffen Sie das nicht innerhalb von einem Tag, setzen Sie eine automatische Benachrichtigung ein, in der Sie dem Besucher mitteilen, wann er mit einer Antwort rechnen kann.

Bei einer Bestellung sollte der Kunde sofort eine Bestätigungsmail bekommen, in der auch steht, an wen er sich bei Problemen wenden kann. Auch die Lieferzeit gehört hier hinein.

Kommt es zu Verzögerungen, teilen Sie diese sofort dem Kunden mit.

Auch vor dem Versand sollten Sie den Kunden informieren, dass seine Bestellung nun auf dem Weg zu ihm ist.

Newsletter mit Informationen zu den Bereichen, aus denen der Kunde gekauft hat, können ein guter Zusatznutzen sein. Allerdings sollten Sie hier vorsichtig sein, damit diese nicht als plumpe Werbung empfunden werden. Holen Sie sich von den Kunden bei der Bestellung immer deren Zustimmung, bevor Sie ihnen Newsletter schicken. Erklären Sie dabei immer den Nutzen für den Kunden und mit wie viel Mails er zu rechnen hat (z.B. einmal monatlich), dann ist Hemmung zum Abonnieren nicht so hoch.

Preis

Der letzte und schwierigste Punkt ist der Preis. Wollen Sie mit einem niedrigen Preis überzeugen, haben Sie es schwer. Denn es ist sehr leicht, es besser zu machen als Sie. Es lässt sich in Cent messen, wer gewinnt. Ihre Mitbewerber haben hier leichtes Spiel mit Ihnen. Guter Service, gute Beschreibungen und eine zum Kaufen animierende Site-Aufmachung sind viel schwerer zu kopieren als billige Preise.

Und fast alle Kunden bezahlen lieber etwas mehr, wenn sie Vertrauen in eine Site haben als hoffen zu müssen, dass der Anbieter seriös ist.
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(c) Jens Jacobsen 2007

Bei Weiterleitung oder Zitat bitte Quellenangabe („Quelle:
benutzerfreun.de-Newsletter Januar 2007“).

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