Digitale Strategie, Digitalisierung, Digitale Transformation – Newsletter 7/2019

Digitale Strategie – das ist definitiv ein Modebegriff. Aber seine ständige Präsenz und Wiederholung zeigt, dass in den Unternehmen offenbar Bedarf herrscht, einen guten Umgang mit den aktuellen Herausforderungen zu finden. Das ist für uns konzeptionell Arbeitende die Chance, früher in den Projekten bzw. weiter oben in den Hierarchien eingebunden und gehört zu werden.

Viel zu oft überführen Unternehmen bestehende Abläufe einfach irgendwie in digitale Form. Mit bescheidenen Ergebnissen. Dazu habe ich den schönen Spruch aufgeschnappt (Verfasser unbekannt):

Wer einen miesen Prozess digitalisiert, bekommt einen miesen digitalen Prozess.

Bevor wir uns überlegen, wie es besser gehen könnte, eine kurze Begriffsklärung:

Sind Digitale Transformation & Digitalisierung das Gleiche?

Digitale Transformation und Digitalisierung sind nicht ganz das Gleiche, auch wenn viele die Begriffe synonym verwenden. Eigentlich ist die Digitalisierung ein Teil der Digitalen Transformation. Digitalisierung bedeutet, bisher analoge Prozesse in eine digitale Form zu überführen. Wenn Sie also zum Beispiel früher einen Newsletter per Post verschickt haben und diesen (vermutlich schon vor vielen Jahren) auf E-Mail umgestellt haben, dann haben Sie bereits eine Digitalisierung hinter sich.

Die Digitale Transformation umfasst aber noch mehr als den Wechsel von analogen zu digitalen Medien. Hierbei geht es auch darum, dass die Digitaltechnik unser Leben und die Unternehmen gleichermaßen grundlegend verändert.

Ein Beispiel: Die Einführung des MP3-Formats, um Musikstücke digital abzuspeichern, war eine Digitalisierung. Die Menschen gingen nach und nach dazu über, nicht mehr analoge Medien wie Schallplatten und Kassetten zu verwenden, wenn sie Musik hören wollten. Sie nutzten vielmehr digitale Geräte wie MP3-Player.

Screenshot Website iPod 2001
Werbung für den iPod auf Apples Website 2001. Zunächst war es nur ein Gerät, um unterwegs Musik zu hören – 2001 war die digitale Disruption der Musikindustrie aber schon im vollen Gange.

Diese Digitalisierung war die Grundlage für die viel entscheidendere Digitale Transformation in den darauf folgenden Jahren: Das Geschäft des Musik-Verkaufens wanderte innerhalb von wenigen Jahren fast komplett online. Plattenläden machten zu, die Gewinne der Musikbranche brachen ein. Unternehmen wie Apple und Amazon verdienten auf einmal Geld mit Musik. Obwohl oder gerade weil sie zuvor überhaupt nichts mit Musik zu tun gehabt hatten.

Ähnlich erging es den Videotheken, als der Vertrieb von Filmen digitalisiert wurde. Die Digitalisierung von Video war Grundlage für den Erfolg von Netflix, Amazon Video und Maxdome.

Solche Beispiele sind der Grund dafür, dass Digitalisierung mit gemischten Gefühlen gesehen wird: Manche haben Angst, weil ihre Geschäftsmodelle bedroht scheinen. Andere wittern ihre Chance, weil sie in einen Markt vordringen können, den vorher andere beherrschten. Sie wollen die traditionelle Weise, wie in diesem Markt Geld verdient wird, revolutionieren – Stichwort Disruption.

Die Digitalisierung wirkt auf alle Lebensbereiche

Neben der Änderung der Form, in der wir Musik und Filme konsumieren, wirkt sich die Digitalisierung auf noch viel mehr Lebensbereiche aus: Dank Internet und Smartphones sind wir jederzeit an fast jedem Ort der Welt sofort erreichbar. Und können auf praktisch alle überhaupt vorhandenen Informationen zugreifen.

Social Media verbindet uns mit unseren Freunden und Familien – und auch mit Unternehmen, die uns interessieren. Unsere Daten müssen wir nicht mehr auf unseren eigenen Rechnern speichern, Programme müssen wir nicht mehr kaufen, sie liegen in der Cloud, und wir nutzen alles nur, wenn wir es wirklich brauchen.

Unser Zuhause können wir mit dem Smartphone steuern und kontrollieren (Smart Home), oder wir nutzen intelligente Systeme, die das für uns tun.

Das Internet of Things (IoT, auch oft als Industrie 4.0 bezeichnet) verbindet nicht nur Heizung, Klimaanlage und Beleuchtung mit uns und untereinander, sondern potenziell jede Maschine. Ob Nanoroboter, tonnenschwere Spritzgussmaschine oder Hochofen.

Blockchain verspricht die Finanzwelt grundsätzlich zu verändern und Cloud Computing, Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data spielen schon jetzt in der Geschäftswelt eine immer wichtigere Rolle. Die Digitalisierung macht vor keinem Lebensbereich halt.

Tipps für die eigene Digitale Strategie

Wir sehen: Das Thema ist sehr, sehr breit. Wir alle müssen persönlich einen Weg finden, mit den Konsequenzen umzugehen – als Konsumenten, aber auch als Werktätige. Und als Unternehmen wird es eher noch komplexer.

Wenn ein Unternehmen die Digitalisierung nur angeht, um den Umsatz zu steigern oder Kosten zu sparen, macht es einen Fehler. Denn es verschenkt die Chance der digitalen Transformation. Und läuft Gefahr, Opfer der digitalen Disruption zu werden. Wenn nämlich ein Konkurrent (das auch ein kleines Start-up sein kann), die eigenen Geschäftsmodelle radikal anders denkt.

So wie WhatsApp, Telegram und Threema SMS überflüssig gemacht haben. Es finden sich ungezählte weitere Beispiele solcher Disruptionen, etwa Uber oder AirBnB. Warum sind die so erfolgreich? Nicht einfach, weil sie digital sind. Weil sie die Möglichkeiten nutzen, die digital bietet und einen Bedarf decken, der vorher anderweitig gedeckt wurde.

Screenshot Website AirBnB
Ist natürlich schön gestaltet – die Website von AirBnB. Doch viel wichtiger: Die UX ist hervorragend designed.

Der Witz bei den Beispielen WhatsApp, AirBnB und Uber: Wenn Sie Nutzer gefragt hätten, ob Sie eine SMS-Alternative brauchen, ob sie bei einem System zur Vermittlung von Privatzimmern mitmachen wollen oder ob sie private Taxis gut finden – kaum jemand hätte da begeistert „ja“ gerufen. Solche neuen Ideen bekommen Sie nicht bei Kundenbefragungen oder in der Badewanne. Sie entwickeln solche Ideen mit Hilfe von Design-Methoden. Mein persönlicher Tipp ist daher, sich zunächst mit diesen vertraut zu machen. Denn damit steigen Sie automatisch gleich mit ein in die Welt der nutzerzentrierten Entwicklung.

Das ist aus meiner Sicht die Grundlage für jede gelungene Digitalisierung – und jede Digitale Transformation. Denn das heißt: Immer weiter lernen. Nicht stehen bleiben. Wer heute noch nach dem Wasserfall-Modell größere Programmier-Projekte angeht, der muss erstmal den Schritt in die agile Entwicklung schaffen. Das kann eine Chance sein, auch bei der Unternehmens-Strategie neue Wege zu gehen. In kleinen, iterativen Schritten voranzugehen und Dinge frühzeitig mit Nutzern bzw. Kunden zu testen.

Einfach nur mal einen Berater ins Haus holen reicht nicht. Selbst wenn der die Rückendeckung der Chefetage hat. Und die wohl schlechteste Lösung, die Digitale Transformation im Unternehmen anzugehen, ist, eine Abteilung dafür zu gründen. Das kann nicht funktionieren. Es geht gerade darum, die Grenzen zwischen Abteilungen aufzuweichen, nicht weitere zu schaffen.

Fast genauso fatal: die Digitale Transformation als Projekt zu betrachten. Die hört nicht auf, sie ist ein Prozess. Sonst steht man in ein paar Jahren wieder da, wo man heute steht: Vor einem Berg Aufgaben, die zu lösen sind – und hinter Konkurrenten, die das Thema laufend weiterverfolgt haben.

Letztlich kann ich Sie auch etwas beruhigen: Veränderung war für Unternehmen schon immer nötig, um am Markt dauerhaft erfolgreich zu sein. Und das war schon immer anstrengend. Wollen wir vorne dabei sein, dann müssen wir am Ball bleiben und vor allem abteilungs- und fachübergreifend konzipieren.

Einige gute Denkanstöße dazu finden Sie z.B. im Dossier Digitale Transformation des Upload-Magazins. Als E-Book 24,99 Euro, im Browser dagegen kostenlos zu lesen.

Cover Dossier Digitale Transformation

Schreibe einen Kommentar