Ständig werden wir mit neuen Fachbegriffen und Modewörtern überhäuft. Die meisten ignoriere ich gern, aber wenn sie sich länger halten, dann nehme ich sie mir hier im Newsletter vor. Das mache ich diesmal mit „DesignOps“ und dem verwandten „ResearchOps“.
Wer alleine arbeitet oder in einem kleinen Team, in dem man sich als Einzige oder Einziger mit UX befasst, kann das Thema abhaken. Aber je größer das Unternehmen ist, in dem man arbeitet, desto wichtiger werden die beiden Begriffe.
Denn was sich dahinter verbirgt, ist die bessere Organisation der Arbeit im Bereich Usability und UX. Das ist insbesondere wichtig, wenn Sie in einem größeren Team sind. Ansonsten müssen Sie sowieso alles selbst tun. Sie können höchstens noch organisieren, wie Sie mit externen Agenturen oder Freelancern zusammenarbeiten – der Rest ist Selbstorganisation.
(Die folgenden Inhalte finden sich in deutlich erweiterter Form in der neuen Auflage des Praxisbuch Usability und UX in Kapitel 8.)
Fangen wir also an mit dem älteren der beiden Begriffe, DesignOps:
Was bedeutet DesignOps?
DesignOps (manchmal Design Ops geschrieben) steht für Design Operations. Die beste Übersetzung für „Operations“ ist in dem Zusammenhang „Betrieb“ oder „operatives Geschäft“. Es geht also darum, wie man das Design im Alltag am Laufen hält.
Der Ansatz ist entstanden, nachdem sich im Bereich der Software-Entwicklung DevOps etabliert hatte. DevOps steht für Development and IT Operations. Es geht also um die Verbindung von Entwicklung (development, also Programmierung) und IT-Betrieb (operations).
DevOps ist als Folge der agilen Entwicklung entstanden. Denn um das hohe Tempo der agilen Entwicklung überhaupt ausnutzen zu können, musste sich auch der IT-Betrieb ändern. Für den IT-Betrieb sind Änderungen und neue Software-Versionen nicht immer etwas Gutes: Denn jede Änderung an einem System bedeutet Gefahr: Gefahr, dass die Änderung selbst Fehler enthält. Oder dass sie im Zusammenspiel mit anderen Systemen Fehler produziert. Oder auch die Gefahr, dass die Nutzer die Änderung nicht verstehen oder sie nicht gut finden. Daher gab es einen Interessenskonflikt: Der IT-Betrieb wollte möglichst wenig Änderungen, das Development-Team wollte die neuen Versionen möglichst häufig in den laufenden Betrieb bringen. Das auch deshalb, um Rückmeldung von den Nutzern zu bekommen und weiter zu lernen – eine der Grundideen der agilen Entwicklung.
Was soll DevOps?
DevOps wurde definiert als Philosophie, als Arbeitsweise – nicht als Methodik oder Software. Sie versucht, das Zusammenspiel von Entwicklung und Betrieb einer Anwendung zusammenzubringen. Und sicherzustellen, dass das Entwicklungsteam alles hat, um schnell und effizient möglichst gute Anwendungen zu erstellen. Und da „gute Anwendungen“ nutzerzentriert sind und eine gute User Experience haben, wird klar, dass wir UX-Fachleute hier auch profitieren.
Von DevOps zu DesignOps
Bald stellte sich heraus, dass nicht nur die Entwicklung mit solch einem strukturierten Vorgehen besser wird. Auch alle, die in dem breiten Bereich „Design“ arbeiten, sahen die Vorteile und übertrugen die Prinzipien auf ihre Arbeit.
Das englische „Design“ ist hier wieder nicht nur das Visuelle, sondern die ganze Konzeption, die Planung, die kreativen Lösungen zusammen mit der Gestaltung. Auch der Bereich UX fällt hier hinein.
DesignOps (für Design Operations) bezeichnet alles, was nötig ist, um den reibungslosen Ablauf der Design-Aktivitäten in der Organisation sicherzustellen, z.B:
- Finden und Anstellen von Personal sowie Einführung in die neue Position („onboarding“)
- Entwicklung, Fortbildung und Motivation des Personals
- Aufsetzen und Aufrechterhalten von effizienten Arbeitsabläufen (dazu gehören Design Systeme, Styleguides & Pattern Libraries)
- Beschaffen und Pflegen von Programmen, Systemen, Geräten und anderer Infrastruktur
- Ergebnisse und Methoden in der Organisation bekannt machen
- Qualität sichern, Resultate verbessern und Umsetzung fördern
- Budget verwalten und sichern
DesignOps ist also dafür da, dem Design den Rücken freizuhalten und es vor, während und nach ihrer Arbeit zu unterstützen. Das ist besonders wichtig, weil der Bereich „Design“ in vielen Unternehmen aktuell sehr schnell wächst. Das heißt, der organisatorische Aufwand wächst auch und die Kommunikationswege werden mehr und meist komplizierter.
Von DesignOps zu ResearchOps
ResearchOps schließlich ist die neueste Entwicklung. Sie umfasst die Organisation der Research-Tätigkeiten, z.B. Usability-Tests, Nutzungsinterviews, Fokusgruppen, Befragungen usw.
Was bringen DesignOps und ResearchOps?
Als Name bringen die Dinge überhaupt nichts. Wenn man die chaotische Organisation der UX-Tätigkeiten ResearchOps nennt, ist nichts gewonnen. Und umgekehrt, wenn diese Dinge gut organisiert sind, ist es gleichgültig, wie man sie nennt.
Wichtig ist, seine Abläufe gut zu strukturieren und zu professionalisieren. Und da kann so ein neuer Begriff helfen. Denn dahinter verbirgt sich oft eine Fülle an Methoden, Werkzeugen und Vorgehensmodellen, die uns das Leben leichter machen.
Wir sind in der praktischen Arbeit um alles froh, was uns an Organisatorischem abgenommen wird. Für UX-Teams ist der erste Schritt meist, die Rekrutierung der Probandinnen und Probanden auszulagern. Das heißt, jemand anderes kümmert sich darum, Nutzende für Interviews, Tests u.a. zu finden. Und erledigt alles darum herum wie z.B. Verträge, Vertraulichkeitserklärungen, Datenschutzvereinbarungen, Kompensation.
Überzeugt. Und wie weiter?
Es gibt eine Gruppe von Menschen, die in verschiedenen Organisationen/Unternehmen arbeiten und das Thema durch Publikationen und Workshops voranbringen: #WhatisResearchOps.
Nicht abschrecken lassen sollte man sich durch den Anspruch, den sie manchmal vertreten. So steht auf ihrem sehr guten Mindmap, das den Themenbereich umreißt:
Es ist komplex, das Wissen zugänglich zu machen, das bei User Research entsteht. Eine Research-Bibliothek aufzubauen und zu pflegen ist ein Ganztags-Job für eine:n Expert:in.
Das will ich gar nicht bestreiten. Aber ich kenne viele Unternehmen, in denen das UX-Team schon froh ist, wenn sie es schaffen, ein paar Erkenntnisse aus Nutzertests in kleine Teile des Unternehmens zu tragen. Von einer Research-Bibliothek können sie nur träumen, geschweige denn davon, dass es eine eigene Stelle dafür gibt.
Und doch werden Sie wertvolle Hinweise finden, wie Sie Ihre Arbeit professionalisieren können, wenn Sie sich weiter mit ResearchOps befassen.
Eine der besten Zusammenfassungen ist von Carrie Boyd: Research Ops: What It Is, Why It’s So Important, and How to Get Started. Ausführlich, detailliert und praxisnah.