Newsletter 11/2007 – Regeln brechen für mehr Erfolg

Beginnen Sie einen Text nie mit einer negativen Aussage.

Diese Regel für gute, benutzerfreundliche Texte habe ich selbst mit diesem ersten Satz gebrochen. Eigentlich hätte ich also beginnen müssen mit:

Beginnen Sie Ihre Texte mit einer positiven Aussage.

Doch ich habe bewusst diesen Einstieg gewählt, um Irritation auszulösen. Bewusst oder unbewusst werden die meisten Leser bemerken, dass der Satz genau das tut, wovon er abrät. Sie werden also den Widerspruch zwischen Aussage und Ausführung wahrnehmen. Das ist eine einfache Methode, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Dabei müssen Sie natürlich sehr vorsichtig sein. Tragen Sie zu dick auf, kann der Schuss nach hinten losgehen und Sie gehen den Lesern auf die Nerven. Oder, schlimmer noch, die Leser erkennen den bewussten Regelbruch nicht und halten ihn für einen Fehler. Sie werfen Ihnen dann eventuell vor, sich nicht an die eigenen Regeln zu halten.

Generell gilt weiterhin der Ratschlag, möglichst alle Aussagen als positive Aussagen zu formulieren. Besonders doppelte Negationen sollten Sie meiden. (z.B. „Vergessen Sie nie, dass das Gerät nicht ausgeschaltet werden darf, wenn Sie später noch damit arbeiten wollen!“ – besser: „Schalten Sie das Gerät nicht aus, wenn Sie später…“)

Mir ist aber wichtig, dass Sie nicht denken, nur weil es in diesem Newsletter so viel um Regeln geht, dass Sie aus diesem Korsett der Regeln nie ausbrechen dürfen. Nein, Sie sollten sogar gelegentlich einen bewussten Regelbruch begehen. Dazu zwei Beispiele:

Nur keine Neugier wecken!

Der Marketingexperte David Meerman Scott empfiehlt, mit negativen oder ausschließenden Texten zu experimentieren. Sie eigenen sich besonders, um Neugier zu wecken. Er empfiehlt, damit Linktexte zu schreiben. Etwa:

  • 10 Gründe, NICHT bei uns zu bestellen
  • Hintergrundinfos NUR für Journalisten

Beim ersten Beispiel verhalten Sie sich anders, als von den Besuchern erwartet, was Ihnen Aufmerksamkeit beschert. Sie raten also scheinbar davon ab, bei Ihnen zu bestellen. Im zweiten Fall stacheln Sie die Neugier der Besucher Ihrer Site an.

Wie auch für Ironie gilt: Setzen Sie diese Tricks nur mit Bedacht ein. Denken Sie an die Menschen Ihrer Zielgruppe und daran, ob sie verstehen, worauf Sie hinaus möchten. Und vor allem verwenden Sie solche Techniken sparsam. Ein, maximal zwei solche Links pro Site sind in der Regel genug.

Das Passiv muss vermieden werden!

Nicht nur für Web-Texte gilt: Formulieren Sie Ihre Sätze im Aktiv, im Passiv sollte generell nicht formuliert werden. Zum einen macht Passiv Texte weniger lebendig, zum anderen kann es auch zu Missverständnissen führen, weil die handelnden Personen nicht klar sind. Ein Beispiel:

Eine Retouren-Nummer muss eingetragen werden, bevor das
Zurückschicken einer Lieferung möglich ist.

Hier wird nicht verraten, wo die Retouren-Nummer herkommt. Muss Sie der Kunde irgendwo abschreiben? Muss er jemanden anrufen, der sie ihm diktiert? Oder muss er ein Formular zurückschicken, auf dem der Kundenbetreuer die Nummer einträgt?

Dennoch leistet das Passiv gelegentlich gute Dienste. Damit bekommen Sie die wichtigsten Informationen an den Anfang eines Satzes. Das ist besonders wichtig für Überschriften und für die ersten Sätze einer Seite oder eines Abschnitts einer Website. Darauf weist Jakob Nielsen in seiner Kolumne „Alert Box“ hin. Ein Beispiel:

Die Websites der 100 größten deutschen Unternehmen haben
gravierende Usability-Fehler. Das ergab die neueste Untersuchung von ….

Für einen Fließtext scheint das in Ordnung, doch das wichtigste Wort („Usability-Fehler“) kommt erst am Ende des ersten Satzes. Wer die Seite mit so einem Text nur überfliegt – und das machen die meisten Webbenutzer zumindest anfangs mit jeder Seite –, der bekommt keine Information darüber, worum es in dem Text der Seite geht. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Benutzer nicht weiterliest ist also hoch.

Daher besser als Einstiegssatz:

Gravierende Usability-Fehler finden sich auf den Websites der
100 größten deutschen Unternehmen.

Für eine Überschrift wäre gut:

Gravierende Usability-Fehler der 100 größten deutschen Unternehmen im Web

Oder noch kürzer:

Usability mangelhaft bei den 100 größten deutschen Unternehmen

Die letzte Variante bringt wahrscheinlich noch mehr Aufmerksamkeit, verrät aber nicht, wo die Usability-Fehler lagen. Im Web? Bei der Unternehmenssoftware? Bei den Produkten? Auch um in Suchmaschinen besser platziert zu werden, ist es günstig, alle wichtigen Informationen in der Überschrift zu nennen.

Ebenso sollten Sie beim ersten Satz jeder Seite daran denken, dass die Suchmaschinen diesen in den Trefferlisten oft mit aufführen. Und nur, wenn dieser Satz den richtigen Inhalt vermittelt, klicken die Benutzer darauf und kommen zu Ihrer Site.
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(c) Jens Jacobsen 2007

Bei Weiterleitung oder Zitat bitte Quellenangabe („Quelle:
benutzerfreun.de-Newsletter November 2007“).

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