CO2-Fußabdruck von Websites in der Praxis – Newsletter 7/2022

Im letzten Newsletter habe ich beschrieben, wie schwer es ist, den CO2-Fußabdruck unserer digitalen Aktivitäten überhaupt zu erfassen (Nachhaltige Websites – Sustainable Design).
Auch ging es darum, dass es nicht immer nachhaltig ist, eine Website auf minimalen Ressourcenverbrauch zu trimmen. Denn Nachhaltigkeit ist der Kompromiss aus Ökonomie, Ökologie und Sozialem.

So läuft das Benutzerfreun.de-Blog zunächst weiter auf WordPress – für mich ist es aktuell ökonomisch schwierig, das eben mal umzustellen. Aber andere Betreibende von Websites haben deutlich größere finanzielle Mittel – und andere haben auch Nachhaltigkeitsziele, die sie sich auf die Fahnen geschrieben haben.

Für größere Unternehmen gehört es inzwischen zum guten Ton, Nachhaltigkeitsziele zu formulieren – mehr und mehr Kundinnen und Kunden erwarten dies. Und auch die Mitarbeitenden.

Ich habe mir im Folgenden die Sites der drei großen Telekommunikationsanbieter in Deutschland vorgenommen:

  • Telekom,
  • Telefonica/O2 und
  • Vodafone.

Alle drei sind groß genug, dass sie es sich leisten können, in Nachhaltigkeit zu investieren. Und für sie rechnet es sich sogar auch. Und, nicht zuletzt: Alle drei haben sich nicht unambitionierte Nachhaltigkeitsziele gegeben.

Im Folgenden keine detaillierte Analyse – diese würde den Rahmen des Newsletters sprengen. Vor allem aber wäre es für Sie nicht zielführend. Wir wollen ja sehen, wie hoch die Latte hängt, wenn wir unsere eigenen Sites auf ihren CO2-Fußabdruck hin untersuchen. Und vielleicht davon lernen, wie es die großen Website-Betreibenden machen. Dazu habe ich mir jeweils die Seite der Unternehmenswebsite herausgesucht, auf der die Unternehmen jeweils ihre Klimaschutzziele vorstellen. Sehen wir also, ob wir hier was lernen können:

Der Anspruch: Nachhaltig bis 2025 – oder doch bis 2040?

Interessanterweise haben alle drei Unternehmen Telekom, Telefonica und Vodafone sehr ähnliche Klimaschutzziele: Sie wollen bis 2025 „ihre eigenen Emissionen“ auf Netto-Null bringen. Das heißt, sie wollen Klimaneutralität erreichen bezüglich des Energieaufwands, der direkt von ihnen verursacht wird. Das nennt sich in der Fachsprache nach dem „Greenhouse Gas Protocol“, nach dem die meisten Unternehmen ihre Emissionen berechnen, „Scope 1 und 2“. Darunter fallen z.B. die Nutzung von Energieträgern am Standort (Scope 1, also z.B. von Gas) und das Einkaufen von Energie, bei dem die Emissionen an anderer Stelle entstehen (Scope 2, also z.B. beim Kauf von Strom).

Komplizierter wird es bei Scope 3. Dazu gehören Emissionen, die entstehen durch Geschäftsreisen, Pendeln, Liefertätigkeiten und auch durch die Nutzung von Produkten und Diensten durch die Kundinnen und Kunden des Unternehmens. Bei diesen Emissionen planen alle drei Telekomunternehmen bis 2040 klimaneutral zu sein. Immerhin 10 Jahre 5 Jahre, bevor ganz Deutschland klimaneutral sein soll (nach dem 2016 verabschiedeten Klimaschutzplan der Bundesregierung – Ergänzung 21.07.2022: von der neuen Bundesregierung 2021 verbessert, daher ist das Ziel nun 2045).

Ich bin kein Experte für Zertifizierung und Berechnungsverfahren, aber so wie ich es verstehe, gehören die Emissionen, die durch die Nutzung einer Website bei den Nutzenden entstehen, zu Scope 3. Also kein akuter Handlungsbedarf? So sehen es die Unternehmen zum Glück nicht:

Telekom: Solides Mittelfeld beim CO2-Fußabdruck

Sehen wir also einmal, wie sich die Unternehmen heute schon schlagen. Betrachten wir die Seite: https://www.telekom.com/de/verantwortung/klima-und-umwelt
Diese ist laut Website Carbon Calculator besser als 64% der anderen Seiten weltweit. Ein Besuch stößt 0,37g CO2 aus.

CO2-Fußabdruck der Telekom (nach Website Carbon Calculator)
Die Website Carbon Calculator-Ergebnisse für die Telekom.

Ein Wort zur Vorsicht: Der Website Carbon Calculator meint, dass die Server aller untersuchten Seiten nicht mit Ökostrom betrieben werden. Es könnte aber sein, dass die Server der Telekommunikationsanbieter einfach nicht in der Datenbank der klimaneutralen Hoster stehen, auf die das Berechnungstool zugreift.

Bei Google Lighthouse erreicht die Seite der Telekom nur 52 von 100 Punkten – sie braucht über 6 Sekunden, bis sie nutzbar ist. Das liegt sicher vor allem an der Größe: Mit 1 MB ist sie nicht gerade schlank, auch wenn viele Seiten auf deutlich mehr kommen.

Vodafone: Das geht besser

Bei Vodafone stehen die Infos zu den Klimaschutzzielen auf dieser Seite: https://www.vodafone.de/unternehmen/soziale-verantwortung/planet.html

Diese emittiert mehr als 55% der Websites, ein Besuch schlägt mit 0,54g CO2 zu Buche.

CO2-Fußabdruck von Vodafone (nach Website Carbon Calculator)
Der CO2-Fußabdruck der Vodafone-Seite nach Website Carbon Calculator.

Bei Google Lighthouse erreicht die Seite mit 51 Punkten fast den gleichen Wert wie die Telekom, und das, obwohl die Seite mit 3,6 MB mehr als 3 Mal so viel Daten hat.

Telefonica / O2: Klein & fein

Bei Telefonica/O2 habe ich mir den CO2-Fußabdruck dieser Seite angesehen: https://www.telefonica.de/nachhaltigkeit/klimaverantwortung.html
Sie ist besser als 61% der Webseiten, erreicht also fast den gleichen Wert wie die Seite der Telekom – entsprechend 0,37g CO2-Emission.

CO2-Fußabdruck von Telefonica (nach Website Carbon Calculator)
Die Website Carbon Calculator-Ergebnisse für Telefonica.

Bei Lighthouse kommt die Seite auf 84 Punkte – Bestwert für alle 3 Konkurrenten. Die Seite ist nur 0,5 MB groß, das ist wirklich ganz ordentlich.

Zusatzcheck: Marketingseiten sind wenig klimafreundlich

Mein Vergleich hier erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, und auch soll das kein neutraler Vergleich sein, sondern es sind ein paar Fallbeispiele. Daher ergänze ich noch eine vierte Seite, die ich mir angesehen habe, weil sie so stark als öko beworben wurde: Die Seite der Telekom zu Green Magenta. Die Startseite ist: https://www.green-magenta.com

Und leider sehen wir: Diese ist die mit Abstand schlechteste im Test: Sie steht schlechter da als 79% der im Website Carbon Calculator erfassten Webseiten. Mit 2,17g CO2 verursacht sie fast 6 Mal so viel CO2 wie die Telekom-Seite, auf der es um Nachhaltigkeit geht.
Nur an der Größe kann es nicht liegen, sie ist nur 2 MB groß, vermutlich ist der intensive Gebrauch von Skripten mit dafür verantwortlich.

CO2-Fußabdruck von Green-Magenta (nach Website Carbon Calculator)
Die Website Carbon Calculator-Ergebnisse für die spezielle Marketing-Site Green-Magenta der Telekom.

Was zudem wenig nachhaltig erscheint: Für das gleiche Thema gibt es noch zwei weitere Seiten bei der Telekom:
https://www.telekom.de/ueber-das-unternehmen/green-magenta
https://angebote.telekom.de/green/

Natürlich wird es für all das Gründe geben – verschiedene beteiligte Abteilungen, Kompetenzabgrenzungen, Schnelligkeit der Umsetzung, unterschiedliche Styleguides – vieles ist hier denkbar. Ich finde das Beispiel nur daher wichtig, weil es zeigt, dass man sich bei so einem wichtigen Thema auch an den eigenen Taten messen lassen muss. Und es eines ist, was wir abteilungsübergreifend und projektübergreifend denken müssen.

Was wir lernen können

Wir sehen: Als Gestaltende von Webseiten haben wir einen großen Spielraum dabei, wie viel CO2 wir mit diesen freisetzen. Und wenn wir darauf achten, dann entsteht in den meisten Fällen auch eine besser bedienbare Seite, die den Besuchenden mehr Freunde macht und somit am Ende allen nutzt.

Über Ergänzungen, Anregungen und Kritik freue ich mich wie immer in den Blog-Kommentaren!

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