Newsletter 08/2007 – Lernen vom und für das iPhone

270.000 iPhones konnte Apple allein in den ersten beiden Verkaufstagen absetzen. Bis Ende September sollen eine Million dieser Handys verkauft sein, bis Ende 2008 zehn Millionen. Apple hat einen gewaltigen Medienrummel veranstaltet, und etliche Fans haben mehrere Tage vor dem Verkaufsstart vor den Apple-Läden kampiert, auch wenn letztlich doch genug für alle da war.

Was hat das jetzt mit dem Web oder mit Konzeption zu tun? Zwei Dinge sind in dem Zusammenhang interessant: Zum einen, wie Apple es geschafft hat, so viel positive Berichterstattung zu bekommen. Zum anderen, wie sich unser Umgang mit dem Web durch mobile Geräte verändert.

Wie man alles richtig macht

Die Firma Apple hat eine eingeschworene Fangemeinde, die derzeit ständig wächst. Insbesondere die Laptops sind leistungsstark und für das, was sie leisten kaum teurer als die Konkurrenz. Und der iPod ist unangefochten der Spitzenreiter bei den MP3-Playern. Design und Benutzerfreundlichkeit sind bei den Apple-Produkten vorbildlich. Und Apple macht perfekte PR.

Insofern ist es nicht überraschend, dass vor dem Verkaufsstart alle Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehsendern und online-Medien über das iPhone ausführlich berichtet haben. Überraschend ist aber, dass auch nachdem etliche Journalisten, Blogger und Technikfans das Gerät getestet haben, kaum Negatives darüber zu lesen ist. Üblicherweise findet immer jemand ein Haar in der Suppe – besonders wenn alle Medien etwas in den höchsten Tönen loben erreicht man mit einer abweichenden negativen Meinung viel Aufmerksamkeit.

Aber beim iPhone: Fehlanzeige. Lediglich die Batterielaufzeit könnte länger sein, oder die Sprachqualität besser. Aber das Gerät ist Handy, und irgendetwas gibt es immer zu verbessern.

Offenbar hat Apple alles richtig gemacht. Und hier wird es interessant, für alle, die selbst Dinge entwickeln – seien es Handys, andere Geräte oder Websites. Wie hat Apple das geschafft? Basis für den Erfolg war aus meiner Sicht:

  • Vor dem Projektstart eine exakte Bestandsaufnahme (was für Geräte – Handys, Smartphones, MP3-Player, Organizer – gibt es, was leisten sie?)
  • Eine umfassende Bedürfnisanalyse (was wollen die Nutzer?)
  • Eine aufwändige, den ganzen Entwicklungsprozess begleitende Usability-Analyse von Soft- und Hardware

Genau diese drei Schritte sind auch nötig, wenn Sie eine Website entwickeln. Sehen Sie sich an, was es schon gibt. Finden Sie heraus, was Ihre Nutzer wollen. Und stellen Sie sicher, dass alles so leicht wie möglich zu benutzen ist. Nur wenn Sie das schaffen, bekommen Sie zufriedene Benutzer und damit auch positive Resonanz, wenn der Hype abgeklungen ist.

Wie das iPhone das Web verändert

Neben telefonieren und Mails schicken und empfangen kann man mit dem iPhone auch im Web surfen. Dazu hat es den Webbrowser Safari an Bord, der auch auf dem Mac weit verbreitet ist – seit ein paar Wochen gibt es ihn auch für Windows. Das ist an sich noch nichts Revolutionäres. Aber Apple hat sich Gedanken gemacht, wie man Webseiten am besten mobil benutzt. Der Bildschirm ist hoch auflösend und man kann das Gerät drehen, dann zeigt es die Webseiten automatisch im Querformat an. Tippt man auf einen Bereich einer Webseite, wird er vergrößert dargestellt, so dass man auch klein geschriebene Texte problemlos lesen kann.

Damit ist man durch das iPhone sowohl unabhängig von den Site-Betreibern (für andere Mobilgeräte bieten manche Site-Betreiber speziell aufbereitete Versionen ihre Sites an), als auch vom Mobilfunk-Anbieter (manche bereiten wichtige Sites so auf, dass sie auf Mobilgeräten besser lesbar sind).
Das iPhone nutzt automatisch ein drahtloses Netz (WLAN) anstelle des langsameren Telefonnetzes, sobald es ein solches entdeckt.

Damit hat das iPhone das Potenzial, den Durchbruch für das mobile Web zu bringen. Es wird in den USA nur zusammen mit einem Datentarif angeboten; die Hemmschwelle, mobile Dienste zu nutzen, ist also nicht hoch. Anders als der PC ist es immer an, und so werden viele iPhone-Besitzer es auch zu Hause auf dem Sofa nutzen. Zum Beispiel um schnell mal einen Begriff in der Wikipedia nachzusehen. Oder um zu planen, wann man morgen früh aus dem Haus muss, damit man den Zug erwischt. Das Display ist zwar nicht riesig, aber vielleicht groß genug, dass man lieber sitzen bleibt und den schicken Routenplaner nutzt als aufzustehen, den Stadtplan rauszukramen und zu schauen wie man am Abend am schnellsten zur Grillparty bei Freunden kommt.

Bei allen mobilen Geräten, die ich bisher ausprobiert habe, war das Surfen im Web irgendwo zwischen unkomfortabel bis extrem nervig. Das wird sich ändern. Nicht nur, weil einige Menschen mit dem iPhone surfen werden. Vor allem auch deshalb, weil Apple mal wieder vorgemacht hat, wie Benutzerfreundlichkeit funktioniert. Die anderen Handyhersteller waren sicher unter den ersten Käufern des iPhone und sind schon fleißig am Überlegen, wie sie ihre Anwendung auch so benutzerfreundlich hin bekommen.

Wie müssen Websites für das iPhone aussehen?

Der für Verkaufsstart das iPhone in Deutschland ist frühestens November. Und es wird sicher eine ganze Weile dauern, bis das iPhone einen größeren Markanteil erreicht. Ist Ihre Site aber für iPhone-Nutzer interessant, dann können Sie sich einen Vorteil verschaffen, wenn Sie Ihre Site dafür anpassen. Solche Sites bieten vor allem: Nachrichten sowie Informationen, die unterwegs wichtig sind wie Wetter-, Hotel-, Restaurant-Informationen. Aber auch wenn beispielsweise ein Kunde auf dem Weg zu Ihnen nochmal die Hausnummer nachsehen will, ist es gut, wenn er das mit seinem iPhone tun kann.

Die wichtigsten technischen Beschränkungen:

  • 480 x 320 Pixel Bildschirmauflösung
  • kein Flash, kein Java (JavaScript dagegen schon)

Alle weiteren Funktionen dagegen arbeiten wie in jedem Browser gewohnt. Um sicher zu gehen, testen Sie mit Safari 3 (derzeit noch im Beta-Stadium) oder Sie nutzen iPhoney, ein Mac-Programm, das das Surfen mit dem iPhone simuliert. Auf Apples Website finden Sie hervorragend aufbereitete Informationen, was Sie sonst noch beachten müssen – bzw. können, wenn Sie es ganz perfekt machen wollen.

Wie gesagt, Apple hat das iPhone so angelegt, dass sich damit fast jede Website anzeigen und nutzen lässt. Wenn Sie aber Ihren Konkurrenz-Sites einen Schritt voraus sein wollen, testen Sie Ihre Site und optimieren Sie sie für die mobile Nutzung – nicht nur für das iPhone. Und denken Sie daran: das ist wie immer nicht nur Technik, auch auf die sinnvolle Aufteilung der Inhalte kommt es an.

Links

www.pbs.org/mediashift/2007/07/mobile_contentwhy_my_smartphon.html
Englischer Erfahrungsbericht über nervige Smartphones zum Websurfen

http://developer.apple.com/iphone/designingcontent.html
Informationen von Apple zur Optimierung von Seiten für das iPhone

www.marketcircle.com/iphoney/
Kostenlose Software, die auf dem Mac den iPhone-Browser simuliert
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(c) Jens Jacobsen 2007

Bei Weiterleitung oder Zitat bitte Quellenangabe („Quelle:
benutzerfreun.de-Newsletter August 2007“).

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