
Das Genossenschafts-Team, von links nach rechts
Daniel Falk,
Tine Pfeiff,
Anita Knierim,
Konny Gellenbeck,
Johannes Greiner,
Irene Scheda
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"Keine taz mehr - ohne mich!",
schrieb Herbert Brüggemann 1991 an den Rand seiner
Zeichnungserklärung, mit der er der neuen taz-Genossenschaft beitrat. Wie 2.000 weitere
LeserInnen wollte auch er mit seiner Einlage von 1.000 Mark seinen Teil dazu beitragen,
die wirtschaftlich angeschlagene taz aus ihrer finanziellen Notlage zu führen. Aber wie
kein anderer hatte der Verwaltungsangestellte aus Oberfranken mit seiner prägnanten
Formel den Sinn der Genossenschaft auf den Begriff gebracht.
Ein Jahr später "lieh"
die taz sich seinen Slogan sogar aus, um damit für Abos zu werben. Der knallrote Kettenbrief
mit der Aufschrift "Keine taz mehr - ohne mich!"
ist bis heute die erfolgreichste Werbekampagne der taz-Geschichte.
Natürlich ist die Verbundenheit zwischen den GenossInnen und dem taz-Verlag nicht immer
so konkret wie in diesem Fall. Im Regelfall kreiert die hauseigene Marketingabteilung ihre
Werbekampagnen aus eigener Kraft. Aber bis heute sind die Mitglieder der Genossenschaft
neben den taz-Mitarbeitenden die zentrale Lebensader des Unternehmens taz. Wie
die tazlerInnen sind auch die GenossInnen zum überwiegenden Teil "Überzeugungstäter".
Sie glauben an die Notwendigkeit des Projektes taz. Ihnen ist die Pressefreiheit wichtig,
und so halten sie die taz mit ihrer publizistischen und ökonomischen Unabhängigkeit
für unverzichtbar.
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Inzwischen halten Herbert Brüggemann und mehr als 6.000 weitere GenossInnen ein
Kapital von gut 6 Millionen Euro. Tendenz:steigend. Im Schnitt begrüßt die Genossenschaft
jährlich 400 neue Mitglieder, etliche GenossInnen stocken ihre Anteile regelmäßig auf -
ohne dafür mehr Mitbestimmungsrechte zu erlangen. Regelmäßig informiert das
Geno-Team in ausführlichen Newsletters über neueste Projekte aus der Redaktion und die
aktuelle Lage des Unternehmens. Einmal jährlich können alle Mitglieder in Berlin an der
Generalversammlung teilnehmen, aus ihrer Mitte den Aufsichtsrat wählen und die
Mittelverwendung für wichtige Unternehmensentwicklungen der taz beschließen. So konnten
zum Beispiel 1999 die Entwicklung und Installierung eines neuen Redaktionssystems oder
die lang erwartete Layoutreform aus Geldern der Genossenschaft finanziert werden. Auch
Initiativen zur taz-Regionalisierung im Großraum NRW standen von Beginn an unter dem
besonderen Schutz der Genossenschaft. Seit dem Frühjahr 2003 baut die taz in Absprache
mit ihren GenossInnen eine Kommanditgesellschaft auf, deren Gesellschafter mit ihren
höher dotierten Einlagen die drängenden Entwicklungsaufgaben in Zukunft übernehmen sollen.
Die "Entwicklungs KG" fördert vier wichtige Teilbereiche der taz (u.a. das
Regionalisierungskonzept) und ist somit eine sinnvolle Ergänzung zur taz-Genossenschaft.
Denn Vorrang vor allen Entwicklungsvorhaben hat für die Genossenschaft immer der Anspruch, die Existenz
der taz und ihre Unabhängigkeit dauerhaft zu sichern.
"Kauft die taz", wirbt die taz deshalb regelmäßig und appeliert damit zum Eintritt in die
Genossenschaft. Als 1991 die Entscheidung fiel, den größten selbst verwalteten Betrieb der
Bundesrepublik in Form einer Genossenschaft an die LeserInnen der taz zu verkaufen,
war dies unter den Mitarbeitenden nicht unumstritten.
Manch eineR favorisierte die Suche nach einem finanzstarken Großinvestor aus der Verlagsbranche,
unter dessen Führung sich die taz womöglich besser entwickeln könnte.
"Kauft die taz, bevor es ein anderer tut!", hielten die Befürworter einer
Genossenschaftsgründung entgegen. Sie suchten nach einer Geschäftsform, die die
Unabhängigkeit der taz auch in der Zukunft garantieren würde.
Mehr als zehn Jahre nach ihrer Gründung
hat sich die Genossenschaft längst als bestmögliche Unternehmensform für die taz bewährt.
Gerade in jüngster Zeit zeigen sich die Vorteile eines genossenschaftlichen Bündnisses mit den eigenen LeserInnen.
Seit die Verlagsbranche in einer lang anhaltenden Strukturkrise steckt, gibt es deutliche Konzentrationsbewegungen
im Markt. Selbst traditionsreiche Blätter wie die Frankfurter Allgemeine
oder die Süddeutsche Zeitung müssen um ihre Existenz bangen. Unversehens steht die kleine,
konzernunabhängige taz mit ihrer schlanken Kostenstruktur und ihrer treuen Leserschaft
vergleichsweise stabil da.
Nicht zuletzt weil ihre Finanziers bis heute keinen geldwerten Vorteil aus ihrem Investment
ziehen wollen, sondern von der taz ausschließlich eine "politische Rendite" fordern:
in Form einer guten Zeitung. Und die wird ihnen bis heute taztäglich zugestellt.
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