Usability-Tests durchführen – Newsletter 1/2016

Wie gefällt den Nutzern meine Site? Wie Sie das herausbekommen, darum ging es im letzten Newsletter (Wie gefällt Nutzern meine Site?)

Wollen Sie dagegen wissen, wie Nutzer tatsächlich mit Ihrer Site umgehen, dann ist ein Usability-Test die Methode der Wahl. Damit bekommen Sie statt Meinungen Erkenntnisse darüber, was die Nutzer wirklich tun.
Warum das so ein Unterschied ist?

Wir tun nicht, was wir sagen.

Das heißt nicht, dass wir absichtlich lügen würden. Meistens jedenfalls nicht.
Vielmehr ist uns oft nicht bewusst, dass wir anders handeln als wir denken. Zum Beispiel, weil wir besser wirken wollen, anderen gegenüber und auch uns selbst gegenüber.

Wenn wir zum Beispiel zugeben, dass wir eine Seite nur ein, zwei Sekunden überfliegen und dann auf den erstbesten Link klicken, dann wirken wir vielleicht schlampig. Oder unüberlegt. Oder vielleicht sogar irrational, nur von starken Reizen geleitet.

Und doch verhalten wir alle uns fast immer genau so.

Jeder, der schon einmal anderen Menschen zugesehen hat, wie sie Webseiten nutzen, der kennt das. Fast immer sieht man dabei etwas, was einen überrascht. Lernt etwas dazu.

Und genau dazu möchte ich ermuntern. Mit diesem Newsletter und mit meinem neuen Video-Training, für das es wieder eine Verlosung gibt.

Wann sollte ich Usability-Tests vorsehen?

Jedes Produkt profitiert von Usability-Tests. Sei es eine einfache Website mit nur einer Seite, ein großer Unternehmens-Auftritt, ein Shop, eine App sogar so etwas wie eine Kaffeemaschine.

Usability-Tests sind keine Geheimwissenschaft. Natürlich kann man bei Tests einiges falsch machen. Und doch profitiert man immer von Tests. Um es mit meinem amerikanischen Kollegen Steve Krug zu sagen:

Jeder Test mit jedem noch so unpassenden Nutzer bringt mehr als gar kein Test.

Foto Usability-Test
Bei Usability-Tests sehen Sie Nutzern zu, wie Sie tatsächlich mit Ihrem Produkt umgehen.

Warum können wir es nicht gleich richtig konzipieren?

Sie wissen, ich bin ein großer Freund von sorgfältiger Konzeption.
Warum kann man dann nicht mit einem wirklich guten Konzept dafür sorgen, dass die Site von Anfang an benutzerfreundlich ist?

Die zwei Hauptgründe, warum das nie klappt, sind aus meiner Sicht:

  1. Menschen sind zu komplex.
  2. Informationsvermittlung ist zu komplex.

Selbst um die allereinfachste Seite umzusetzen, gibt es unendlich viele Möglichkeiten.
Und somit unendlich viele Möglichkeiten, etwas falsch zu machen.

Jeder noch so gute Konzepter, jeder noch so gute Designer weiß nie, wie andere mit seinem Produkt umgehen werden.

Also bleibt uns nur eins übrig: Testen.

Prototyp-Tests

Generell gilt für Usability-Tests: Je früher im Projekt ich diese mache, desto besser. Denn desto leichter fällt es, gefundene Probleme zu korrigieren.

Deshalb teste ich normalerweise schon Prototypen.

Beim Papierprototyp teste ich handgemalte oder ausgedruckte Seitenskizzen oder lediglich die Navigation.

Die Ausdrucke lege ich Testpersonen vor und frage sie: „Worauf würdest du hier klicken?“
Dann bekommen sie die Skizze der entsprechenden Seite. So bewegen wir uns nur mit Papier durch die ganze geplante Site.

Damit bekomme ich sehr schnell Gefühl dafür, ob die Navigation z.B. funktioniert, ob die Begriffe gut gewählt sind und ob die Struktur so funktioniert.

Foto Papierprototyptest
Mit Papierprototypen testet man unkompliziert, ob z.B. die Navigationsstruktur funktioniert.

Beim Klickdummy funktioniert das ähnlich, nur mache ich das am Computer. Dazu erstelle ich einen ganz einfachen Prototypen, durch den sich die Testperson klicken kann.
So kann ich ohne Programmierung schon früh im Projekt prüfen, wie meine Site funktioniert.

Beim High-Fidelity-Prototyp schließlich habe ich eine Site, die schon fast so aussieht und funktioniert wie die fertige Site.

Video-Training zum Usability-Testen

Cover Buch Don't make me think
Das beste Buch für Einsteiger.

Wen ich überzeugen konnte und wer keinen Dienstleister mit Tests beauftragen will, der findet hier gute Infos, die beide nicht länger als einen halben Tag dauern, um sie einmal durchzuarbeiten:

In seinem Buch „Don’t Make Me Think!“erklärt Steve Krug (auf Deutsch) auf gut 200 Seiten sehr anschaulich, warum man Usability-Tests machen sollte und wie sie funktionieren.
Noch immer die vergnüglichste und einsteigerfreundlichste Lektüre in diesem Themenbereich.
Infos & bestellen für 24,99 Euro

Cover Kurs Usability-Tests Jens Jacobsen
Das Training bei video2brain.

Wer lieber sieht als liest, der kann bei video2brain mein neues Training ansehen: Usability-Tests planen, durchführen und auswerten. Der Königsweg zu besseren Websites und Apps.
Es dauert 1 Stunde 36 Minuten und kostet einzeln 39,95 Euro. Günstiger ist das Abo mit 19,95 pro Monat, mit dem man auch alle anderen Kurse auf video2brain ansehen kann.

Verlosung

Unter allen, die bis zum 28.1.2016 einen Kommentar im Blog oder auf Facebook hinterlassen oder Tweeten, verlose ich einen Gutschein zum Download des Trainings sowie drei 10-Tages-Gutscheine für das gesamte Programm von video2brain.

Ich bin gespannt auf die Kommentare – und viel Glück!

9 Gedanken zu „Usability-Tests durchführen – Newsletter 1/2016“

  1. Danke für diesen lehrreichen Post. „Wir tun nicht, was wir sagen“ bedeutet wohl auch, dass eine Meinungsumfrage oder Validierung einer Produktidee aufgrund der Antwort auf die Frage „Würdest du das kaufen?“, nicht genügen um die richtige Entscheidung zu fällen. Ein Papierprototyp ist eine sehr interessante Idee. Das versuche ich mir zu merken.
    Ausserdem hoffe ich zu gewinnen 😉

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  2. Ich finde die Aussage, dass ein wirklich gutes Konzept nie klappt etwas gewagt. Man könnte annehmen, dass konzeptionelle Arbeit wenig Nutzen bringt. Auch dass Menschen und Informationsvermittlung zu komplex (für Konzepte?) sind, kann ich nicht unterschreiben. Klar ist, dass es sich hier um schwierige aber nicht unlösbare Aufgaben handelt. Konzepte sind Wegweiser, visualisierte Ideen und Funktionen, ein gutes Konzept motiviert und «befriedigt» das Zielpublikum und letztendlich den Verkäufer!

    Ich arbeite selbst neben Print- auch als Webdesigner, und mir ist klar, dass eine gute Konzeption die Basis für eine erfolgreiche Umsetzung ist. Interessant finde ich auch, dass im «alten», meiner Meinung nach nicht weniger komplexen Printbereich, kaum jemand von Prototype- und Usability-Tests sprach/spricht. Also, haben wir im Print etwas verpasst oder übertreiben wir im Web?

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    • Hallo Ursin, danke sehr für den kritischen Kommentar. Dem ersten Teil stimme ich voll zu. Natürlich brauchen wir gute Konzepte und die funktionieren immer besser als schlechte oder gar keine. Da habe ich offenbar den falschen Eindruck erweckt. Nur um richtig gute Anwendungen zu erstellen, teste ich.

      Beim zweiten Teil würde ich an der Stelle widersprechen, dass Web nicht komplexer ist als Print. Ich habe selbst im Print-Bereich angefangen und finde ihn noch heute sehr schön – gerade eben auch, weil er nicht so komplex ist. Hauptgrund für die höhere Komplexität von Web-Projekten sind zum einen die Interaktivität und zum anderen die verschiedenen Medien, für die wir arbeiten müssen. Ein Flyer wird immer genau so aussehen, wie er aus der Druckerei kommt. Eine Website sieht auf einem Smartphone komplett anders aus als auf einem 27-Zoll-Monitor.

      Und es gibt auch Forschung z.B. zum Blickverlauf auf Flyern… also auch hier bringen Usability-Methoden Nutzen.

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  3. Würden Sie eher viele kleine Tests zu verschiedenen Phasen der Entwicklung durchführen oder 1-2 wirklich grosse mit aussagekräftiger Anzahl Teilnehmer?

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    • Ich würde immer lieber öfter testen. Allerdings sind Tests mit weniger als 5 Personen wenig aussagekräftig, besser sind 8. Daher als Fazit: Am liebsten öfter mit je 8 Personen testen.

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