Erfolgreiche Websites sind emphatisch – Newsletter 8/2014

Was macht eine erfolgreiche Website aus? Ihre Gestaltung? Die Texte? Die Funktionen, die sie bietet?

All das sind wichtige Faktoren. Aber das ist nicht alles. Mittlerweile sind Websites untrennbar verknüpft mit den dazu gehörigen Unternehmen. Das ist offensichtlich bei Firmen wie Google – sie bestehen aus Sicht der Menschen fast ausschließlich aus ihrer Website. Auch das Unternehmen Amazon interagiert mit seinen Kunden praktisch nur über die Website.

Genauso sind aber auch bei kleinen und mittleren Firmen/Organisationen die Websites mittlerweile tief verwurzelt im Unternehmenskonzept – ob sie wollen, oder nicht: Die Website spiegelt ihre Einstellung zu den Nutzern/Kunden wider. Sieht eine Website altertümlich aus, nehmen das die Besucher (teils unbewusst) wahr und bewerten den Betreiber dementsprechend. Ist sie komplex und schwer zu bedienen, ebenso. Nicht umsonst werden bei Web-Projekten viele Diskussionen über die optische Gestaltung der Site geführt. Die Betreiber wollen sich darin wiederfinden, sie wollen, dass ihr Webauftritt zu ihnen passt.

Lieber wenig, aber das gut

Bei jeder Site und jeder Anwendung ist es entscheidend, das, was man macht, richtig zu machen. Das ist viel wichtiger als alle Eventualitäten abzudecken und als alle Erwartungen zu erfüllen. Das heißt: Erstellen Sie besser eine Website mit wenigen Inhalten und Funktionen, geben Sie sich aber bei diesen die größte Mühe.

Startseite About.me
About.me hat die Startseite wunderbar aufgeräumt. Einziger Haken: Wer nicht weiß, was About.me bietet, findet hier keinerlei Link zu mehr Infos.

Wie bei Kunst gilt: Einfach ist schwierig.
Ein virtuoser Pianist sieht meist aus, als müsse er sich nur locker an den Flügel setzen und seine Finger entspannt über die Tasten gleiten lassen. Wer selbst Klavier spielt, der weiß, wie viele Stunden, Tage, Wochen und Jahre der Pianist auf seinem Schemel saß und sich abgemüht hat, um diesen leichten, einfachen Eindruck beim Zuhörer zu erwecken.

Bei Websites und noch mehr bei Apps gilt das auch. Etwas so hinzubekommen, dass es ganz einfach aussieht und auch ebenso zu bedienen ist, kostet Zeit. Viel Zeit.

Planen Sie also am besten ein Drittel der Zeit für jedes Webprojekt für die Optimierung ein. Diese brauchen Sie, um nochmal über Inhalte und Funktionen nachzudenken, um Usability-Tests durchzuführen und dementsprechend Änderungen vorzunehmen.

Machen Sie besser Abstriche bei Inhalten und Funktionen, bevor Sie Abstriche beim Optimieren und Polieren machen.

Der Kunde kommt zuerst – gewinnen mit Empathie

Wenn man versucht, von Websites erfolgreicher Unternehmen zu lernen, dann wird oft einfach deren Gestaltung kopiert. Das ist, als würden Sie ein silbernes Auto als das Erfolgsrezept verkaufen, nur weil Audi silberne Autos produziert.

Besser ist es schon, sich an der User Experience der betreffenden Site zu orientieren. Bei Details funktioniert das ganz gut, aber das große Ganze lässt sich auch hierbei nicht einfach übernehmen.

Was dagegen viel Arbeit ist, aber immer funktioniert: Übernehmen Sie die Einstellung eines erfolgreichen Unternehmens.

Am Unternehmen Amazon z.B. kann man viel kritisieren. Was aber vorbildlich ist, ist seine Kundenorientierung. An erster Stelle steht immer der Kunde.
Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Es kursiert die Geschichte, dass Amazon-Chef Jeff Bezos in Besprechungen öfter einen Stuhl freihält. Alle Teilnehmer bittet er dann, sich vorzustellen, dass auf diesem Stuhl der Kunde sitzt – die wichtigste Person im Raum.

Das klingt sehr amerikanisch – aber die zugrunde liegende Einstellung ist einer der entscheidenden Faktoren für den Erfolg von Amazon. Natürlich will auch Amazon mit dem Kunden Geld verdienen. Gerade deshalb denkt es zuerst an ihn und seine Bedürfnisse.

Screenshot Rücksende-Infos bei Amazon
Besonders schön oder modern wirkt die Seite bei Amazon nicht. Aber der Prozess hat eine ungeschlagene User Experience – einfach und problemlos.

Wer den Kundenservice von Amazon mit anderen Online-Versandhäusern vergleicht, der wird fast immer feststellen: Bei Amazon geht es am reibungslosesten. Das liegt daran, dass Bezos und seine Mitarbeiter ständig kontrollieren, wie die Vorgänge ablaufen, welche Probleme und/oder Beschwerden die Kunden haben und sich Gedanken darüber machen, wie man die User Experience verbessern könnte.

Wie groß auch immer Ihr Unternehmen ist: Stellen Sie die Menschen in den Mittelpunkt, für die Sie Ihre Website betreiben. Das ist die Grundlage für jede erfolgreiche Site, alles Weitere baut darauf auf.

Empathie, also das Einfühlungsvermögen in die Situation des Website-Besuchers bzw. Kunden, ist eine ganz zentrale Eigenschaft, die ein erfolgreicher Konzepter braucht. Er muss die Bedürfnisse erkennen und für ihn passende Lösungen anbieten.

Verständnis für die Besucher/Nutzer/Kunden

Mit der häufigste Grund, warum PR-Desaster auftreten (neuerdings nur noch „Shitstorm“ genannt): Ein Kunde fühlt sich nicht wahrgenommen.

Immer wieder zeigen Studien: Kunden, die ein Problem haben, suchen als Erstes Kontakt zum Unternehmen. Wie verärgert sie auch sind, meist wollen sie nur eine Lösung für ihr Problem. Erst wenn sie das Gefühl haben, dass man sie mit ihrem Problem im Unternehmen nicht wahrnimmt, erst dann lassen Sie Dampf ab auf Facebook oder Twitter. Oder gehen zum Anwalt.

Natürlich gibt es auch Menschen, die versuchen, möglichst viel herauszuschlagen. Und es gibt sogar solche, die stellen unverschämte Forderungen. Doch die allermeisten sind schon zufrieden, wenn man ihre Beschwerden aufnimmt und eine Lösung sucht.

Sachzwänge überzeugen keine Kunden

Versuchen Sie nie, ein Problem mit Sachzwängen zu rechtfertigen. Aussagen wie „unser System kann das nicht“, „das ist so nicht vorgesehen“ oder „das haben wir noch nie so gemacht“ verärgern jeden.

Der Kunde hat ein Anliegen, was Sie nicht erfüllt haben. Ihr Ziel sollte jetzt sein, dieses zu erfüllen. Antworten Sie etwas wie „das habe ich nicht programmiert“, dann lassen Sie seine Beschwerde ins Leere laufen. Sie entziehen sich der Verantwortung und zwingen den unzufriedenen Kunden, an anderer Stelle weiterzusuchen.

Versprechen Sie zumindest, sein Anliegen weiterzugeben. Zeigen Sie ihm eine Möglichkeit auf, wie er sein Problem wenn nicht lösen, so zumindest einer Lösung näher bringen kann.

Freundlichkeit

Sie als Leser dieses Newsletters sind natürlich überdurchschnittlich interessiert und können viel besser benutzerfreundliche Sites konzipieren als die meisten anderen Menschen.

Wie geht es Ihnen, wenn Sie solch platte Komplimente lesen? Vielen Menschen fallen sie nur auf, wenn es sehr platt wird. Manche reagieren dagegen extrem empfindlich darauf.

Und doch hat sich gezeigt, dass solche simplen Methoden im Marketing funktionieren. Und das selbst dann, wenn uns vollkommen klar ist, dass die Komplimente an uns nicht aufrichtig gemeint sind.

Das hat eine Studie belegt, die u.A. das Magazin Scientific American zitiert (Flattery Will Get You Far).

Unser Wohlbefinden lässt sich generell leichter manipulieren als wir meinen. Hören wir einen Vortrag, während wir einen Bleistift so im Mund halten, dass unsere Mundwinkel nach oben gezogen werden (wie beim Lächeln), dann beurteilen wir diesen Vortrag hinterher besser als ohne Stift im Mund. Ziehen wir dagegen während des Vortrags unsere Augenbrauen zusammen, fällt die Bewertung messbar schlechter aus als mit neutralem Gesichtsausdruck. („Facial-Feedback-Hypothese“)

Lächelnde Menschen
Freundliche Amerikaner wirken auf manchen Deutschen vielleicht oberflächlich. Doch die Atmosphäre ist immer besser, wenn man lächelt.

Wir Menschen sind soziale Wesen, und daher fühlen wir uns wohler, wenn wir freundlich begrüßt werden. Auch wenn manche Deutsche das für oberflächlich halten: Die Freundlichkeit, mit der Nordamerikaner im Alltag miteinander umgehen, führt dazu, dass man sich dort automatisch besser fühlt.

Und das gilt auch, wenn die Begrüßung eine Maschine übernimmt.

Siri zum Beispiel, die Sprachsteuerung des iPhone, hat eine freundliche weibliche Stimme. Diese ist zwar deutlich als computergeneriert zu erkennen und doch interagieren Nutzer dieses Systems nach einiger Zeit mit ihm gern und vertraut. Wir Menschen übertragen unsere gewohnte Kommunikationsformen auch auf Maschinen. Es fühlt sich für uns besser an, in ganzen Sätzen mit Maschinen zu sprechen als nur in abgehackten Befehlen.

Screenshot Siri
Siri antwortet per Sprachausgabe (Audio) und Textausgabe.

Das beutetet im Umkehrschluss auch, dass wir an Maschinen, mit denen wir so interagieren, ähnliche Ansprüche stellen wie an unsere Mitmenschen. Ein Sprachinterface, das uns nicht antwortet, ärgert uns genauso wie eine automatisierte E-Mail, die unhöflich formuliert ist.

Responsivität / Reaktion / Feedback

Noch wichtiger als Freundlichkeit ist Responsivität. Also die Tatsache, dass überhaupt eine Reaktion kommt.

Kaum etwas ist herabsetzender als eine Person, die man anspricht und die nicht reagiert. Sie kommen in ein Geschäft und sprechen einen Mitarbeiter an, der gerade ein Regal einräumt. Wenn er Sie einfach ignoriert, ist das die beste Möglichkeit, Sie ganz schnell zu verärgern.

Nicht viel besser fühlen sich Besucher Ihrer Website, wenn sie keine Reaktion auf ihre Kontaktanfragen/E-Mails bekommen.

Das Mindeste, was Sie machen sollten, ist, einen Autoresponder einzurichten. Vor allem, wenn Sie Formulare verwenden. Denn die Nutzer haben hier anders als bei E-Mail keine Möglichkeit, die von ihnen gesendete Nachricht in ihrem Posteingang anzusehen.

Schnelligkeit

Auf Kontaktanfragen, Bestellungen etc. antworten Sie am besten spätestens innerhalb von 24 Stunden – auch am Wochenende.

Besser noch melden Sie sich innerhalb von zwei Stunden, dann machen Sie in sogar einen guten, schnellen Eindruck.

Dabei gilt: Die Schnelligkeit muss nicht echt sein, nur gefühlt. Das heißt: Wenn Sie in einer automatisierten E-Mail schreiben, dass Sie sich erst am Montagmorgen oder z.B. in zwei Tagen persönlich melden, dann ist das in Ordnung. Wichtig ist eben nur, dass Sie klar zeigen, dass die Kommunikation funktioniert.

Nur versprechen, was man halten kann

Sie selbst setzen die Erwartungen. Beschreiben Sie auf Ihrer Website klar, wie Sie reagieren. Versprechen Sie „umgehend“ auf Anfragen zu antworten, dann erwarten die Besucher eine Reaktion im Stundenbereich. Bei „in den nächsten Tagen“ wissen sie, dass sie unter Umständen zwei bis drei Tage warten müssen.

Sind Sie ein kleines Unternehmen mit drei Mitarbeitern und vermitteln auf Ihrer Website aber den Eindruck eines multinationalen Konzerns, dann müssen Sie sich nicht wundern, wenn an Sie auch die Ansprüche an Service, Geschwindigkeit und Professionalität wie an einen multinationalen Konzern gestellt werden.

Generell gilt die schöne Empfehlung:

under promise and over deliver

Frei übersetzt: Halten Sie mehr, als Sie versprechen.

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